Die neue Richterinnen- und Richtervereinigung sieht Probleme bei der Umstellung der Landesverwaltung in Schleswig-Holstein auf Open-Source-Lösungen. "Wir begrüßen ausdrücklich den Ansatz, dass sich staatliche Stellen unabhängig machen von US-Techmonopolisten", sagte der erste Sprecher des Landesverbandes, Michael Burmeister, im Wirtschafts- und Digitalisierungsausschuss im Landtag in Kiel. Allerdings dürfe die Digitalisierung der Justiz kein "Bremsklotz" für die Funktionsfähigkeit werden. Bei diesen Lösungen ist der Quellcode öffentlich und kann nach individuellen Bedürfnissen angepasst werden.
Die Umstellung auf Open-Source komme zu einem "ungünstigen Zeitpunkt", erklärte Burmeister. Gleichzeitig werde die elektronische Akte eingeführt, was viele Beamtinnen und Beamte – besonders an Amtsgerichten – mit zusätzlichen Problemen belaste. Diese Einführung sorge bereits für erhebliche Mehrarbeit vor Ort.
Probleme beim Verakten von Mails
Durch die Umstellung der Mailprogramme werde zudem bisher nicht das Maß an Funktionalität erreicht, welches vorher herrschte, kritisierte die Vorsitzende des Schleswig-Holsteinischen Richterverbandes, Christine Schmehl im Ausschuss. So sei etwa das Verakten von E-Mails "sehr schwierig" geworden und nur noch über eine zusätzliche Zwischenspeicherung möglich. Das koste Zeit und verzögere die Arbeit.
"Sie merken also, selbst wenn die Programme funktionieren, dauert bei uns vieles deutlich länger als früher", betonte Schmehl. Es spiele keine Rolle, mit welcher Software gearbeitet werde – entscheidend sei, dass sie die Arbeitsfähigkeit der Justiz nicht einschränke und den Anforderungen entspreche.
Bahrenfuss: Brief hatte positiven Effekt
Für den Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts, Dirk Bahrenfuss, hatte ein Brief an den Digitalisierungsminister Dirk Schrödter (CDU) einen "positiven Effekt". Es habe zu konstruktiven Gesprächen und der Einrichtung einer Task-Force für die Umstellung geführt, sagte der Präsident im Ausschuss. Seitdem seien auch zahlreiche Probleme behoben worden, so dass nun mit einer stabilen Umgebung gearbeitet werden könne.
Im September hatten die Gerichtspräsidenten und die Generalstaatsanwaltschaft in einem Brief vor einer "massiven Beeinträchtigung der Gerichte" gewarnt, wie mehrere Medien berichteten. Daraufhin entschuldigte sich Schrödter in einem Schreiben bei den Mitarbeitenden der Landesbehörden. "Mir ist bewusst, dass eine solche Umstellung keine Kleinigkeit ist", schrieb er und räumte ein, dass sie Zeit, Kraft und Nerven gekostet habe.

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Weitere Umstellungen
Am Montag teilte die Staatskanzlei mit, dass das Mailsystem der Landesverwaltung vollständig auf Open-Source-Lösungen umgestellt worden ist. Insgesamt seien in den vergangenen sechs Monaten mehr als 40.000 Postfächer mit über 100 Millionen E-Mails und Kalendereinträgen migriert worden.
Den Angaben nach umfasst die Open Source Strategie des Landes auch weitere Bereiche der Landes-IT: So soll etwa die Software Nextcloud Schritt für Schritt Microsoft SharePoint als zentrale Plattform für Zusammenarbeit ablösen. Diese werde bereits in zahlreichen Verwaltungen genutzt. Zudem wird in den kommenden Wochen das Thema auch den Ausschuss im Landtag weiter begleiten.