Auch nachdem die Stadt Limburg ihren Plan zur Tötung von 200 Stadttauben aufgegeben hat, bleibt das Thema in der Lahn-Stadt auf dem Tisch. Nun sollen Nistplätze für Falken angebracht werden. Die Stadt dämpft mit Blick auf die Tauben schon im Vorhinein die Erwartungen.
Falken gegen Tauben in Limburg - kann das etwas bringen?
Nein, sagt der Vogel-Experte Ingolf Grabow vom Umweltverband BUND Frankfurt der Deutschen Presse-Agentur. "Das ist eine Illusion, das funktioniert nicht." Tauben gehörten nicht in das Beuteschema von Turmfalken, weil diese Greifvögel zu klein seien. Und Wanderfalken jagten ihre Beute in größerer Höhe über den Dächern der Häuser und kämen nicht hinunter zum Boden, um dort Tauben zu schlagen. Zudem hätten Wanderfalken ein recht großes Revier - mehr als zwei der Greifvögel ließen sich in einer Stadt wie Limburg kaum ansiedeln.
Wie kam es zu der Idee mit den Nisthilfen?
Zuvor war bekanntgeworden, dass in Limburg zur Brutzeit im kommenden Jahr zwei für Turm- oder Wanderfalken geeignete Nisthilfen angebracht werden sollen. Der Vorschlag dafür stammt von der Jungen Union Limburg, die damit nach Aussagen ihres Vorsitzenden Carsten Becker auf Instagram eine "Lösungsfindung" unterstützen wollte. Mehrere Medien hatten zuvor darüber berichtet. Die Stadtverwaltung habe das Thema geprüft und sei einverstanden, sagte eine Stadtsprecherin. Die Mittel könnten somit für die Nisthilfen verwendet werden.
Wie schätzt die Stadt selbst die Erfolgschancen ein?
Man müsse abwarten, ob die Nisthilfen überhaupt angenommen würden und welche Vögel sich dort letztlich ansiedelten, sagte die Sprecherin. Möglich ist nämlich auch, dass das ausgerechnet Tauben sein werden, wie auch Grabow sagte. Klar sei für die Stadt: Auch wenn sich Falken ansiedelten und vermehren sollten, dürften diese die Tauben "nicht so dezimieren, dass das ins Gewicht fällt", so die Sprecherin. Zielsetzung für das Vorhaben sei vielmehr, die Arten- und Vogelvielfalt in der Lahn-Stadt zu vergrößern.
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Warum zieht es Tauben in die Städte?
Um die Zahl der Tauben in einer Stadt zu verringern, helfe nur, sie nicht zu füttern. Wie andere Tiere auch seien auch Stadttauben Opportunisten - "wo es Futter gibt, siedeln sie sich an". Gerade in Städten fänden sie bei klimatisch günstigen Bedingungen ein reiches Nahrungsangebot, von Abfällen rund um Mülleimer bis zu Krümeln, die von Tischen der Cafés und Restaurants fallen. Zunächst sollten aus Grabows Sicht deshalb die Bürgerinnen und Bürger gebeten werden, auf keinen Fall Tauben zu füttern. Durch Sauberkeit sollte zudem der Zugang zu Nahrung erschwert werden.
Welche Maßnahmen können noch helfen?
Für erfolgversprechend hält Grabow auch den Austausch der Taubeneier gegen Gips-Attrappen in betreuten Taubenschlägen, wie ihn auch Tierschützer in Limburg befürwortet hatten. Sowohl Nistplätze als auch solche betreuten Taubenschläge bedeuteten allerdings einen größeren Betreuungsaufwand, sagte der Vogelschützer. Er warb zugleich für mehr Toleranz mit Stadttauben. Wenn ein Sperling Krümel picke, empfänden viele Bürger das als nett, doch Tauben hätten nicht zuletzt wegen ihres Kots einen schlechteren Ruf. "Wir sollten etwas freundlicher sein, das sind Mitgeschöpfe", sagte der Vogelschützer, der sich unter anderem in der Mauersegler-Initiative in Frankfurt engagiert.
Limburg und die Stadttauben - was steckt dahinter?
Vorangegangen war in Limburg eine lange und teils hitzige Debatte um die Limburger Stadttauben. Vor zwei Jahren hatte die Limburger Stadtverordnetenversammlung die Dezimierung der Taubenpopulation beschlossen. Im Gespräch war damals eine Tötung der Tiere per Genickbruch. Nach heftiger Kritik von Tierschützern und einer intensiven Debatte folgte im Juni vergangenen Jahres ein Bürgerentscheid, bei dem sich eine Mehrheit der Stimmberechtigten für die Umsetzung des Stadtverordnetenbeschlusses aussprach.
Kurz bevor das Einfangen und Töten der Tiere beginnen sollte, hatte das hessische Umweltministerium nach einer internen Überprüfung einen Erlass aufgehoben, wonach Stadttauben im besiedelten Gebiet nicht als wildlebende Tiere angesehen worden waren. Eine Ausnahmegenehmigung der Naturschutzbehörde des Landkreises Limburg-Weilburg für das Taubentöten wurde der Stadt schließlich verwehrt.