Das Agieren des Innenministeriums nach dem umstrittenen Beförderungsversuch für einen Polizeibeamten und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue schürt weiter Unmut in den Reihen der Polizei. "Dass ein Minister externe Anwaltskanzleien beauftragt, um seinen eigenen Vertrauten aus der Schusslinie zu bringen, während gleichzeitig über 400.000 Euro Steuergeld im Raum stehen, ist ein fatales Signal an die Beschäftigten und die Bevölkerung unseres Landes", heißt es in einer Mitteilung des Landesverbandes MV der Gewerkschaft der Polizei (GdP).
Die Staatsanwaltschaft Schwerin hatte Ermittlungen wegen möglicher Vergehen bei der Beschaffung und Verteilung von Corona-Schutzausrüstungen eingeleitet. Durch unterbliebene Abrechnungen gegenüber den Landkreisen sollen dem Land wegen Verjährung etwa 430.000 Euro entgangen sein. In der Vorwoche waren Diensträume unter anderem im Innenministerium durchsucht und Unterlagen sichergestellt worden.
Das Innenministerium legte unterdessen ein Rechtsgutachten vor, das die eigene Auffassung bestätige, dass bislang kein Schaden eingetreten sei und die Forderungen gegenüber den Kreisen auch noch nicht verjährt seien. "Ein Anspruch auf Zahlung oder gegebenenfalls auch Rückzahlung entsteht erst mit Übersendung der Schlussrechnung", hieß es einer Mitteilung. Und diese Schlussrechnungen seien noch nicht gestellt.
GdP-Landeschef beklagt "juristische Schachzüge"
"Während die Polizei tagtäglich mit knapper Personaldecke, überlasteten Dienststellen und unzureichender Finanzausstattung kämpfen muss, scheint im Innenministerium die Energie vor allem darauf verwendet zu werden, interne Machtkämpfe und juristische Schachzüge zu finanzieren", bemerkte GdP-Landeschef Christian Schumacher.
Der Vorwurf Beihilfe zur Untreue, wie er gegen den Staatssekretär im Innenministerium Wolfgang Schmülling bestehe, habe bei der Polizei sofort Konsequenzen - Suspendierungen, interne Ermittlungen, Disziplinarmaßnahmen. "Warum also gelten für die politische Spitze andere Regeln?", fragte Schumacher.
Schmülling hatte über eine beauftragte Anwaltskanzlei mitteilen lassen, dass ihm der Vorwurf zu Unrecht gemacht werde. "Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise entsteht kein Schaden, wenn Vermögen beim Landkreis statt beim Land verbleibt", hieß es in einer Mitteilung.
Gleiche Maßstäbe für alle verlangt

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Schumacher warf Innenminister Christian Pegel (SPD) vor, "Staatsanwaltschaft und Richter eines Amtsgerichts gemeinsam mit beauftragten Anwälten und politischen Vertrauten öffentlich diskreditiert" zu haben. "Rechtsstaatlichkeit endet nicht an der Tür des Innenministeriums. Wer Verantwortung trägt, muss sich den gleichen Maßstäben stellen wie jede Polizistin und jeder Polizist. Wir fordern deshalb maximale Transparenz, die vollständige Offenlegung aller Kosten", erklärte Schumacher.
Weiter sagte er: "Unsere Kolleginnen und Kollegen draußen im Land erwarten von ihrer Führung nicht juristische Winkelzüge, sondern Rückendeckung, eine werteorientierte Vorbildfunktion und Glaubwürdigkeit. Wenn diese verloren geht, leidet nicht nur die Polizei – sondern das Vertrauen in die Demokratie insgesamt."