"Simba komm mal her", lockt Alexander Schmidt den siebenjährigen Ochsen auf der Weide außerhalb von Bienenbüttel. Das zottelige Rind löst sich aus der 40-köpfigen Herde und trottet freundlich auf den Züchter zu. Sie kuscheln eine Weile, Schmidt streichelt und erklärt, dass er das Hereford-Rind mit der Flasche großgezogen hat. Da verzeihe er es ihm auch, wenn er einmal nichts Essbares zum Fototermin mitbringt. "Diese Rasse ist sehr genügsam. Beschäftigt man sich regelmäßig mit den Tieren, kann man eine sehr gute Mensch-Tier-Beziehung aufbauen."
Die insgesamt etwa 200 Rinder stehen das ganze Jahr im Landkreis Uelzen draußen, sie werden auf der Weide geboren und dort auch fürs Schlachten betäubt. "Dass unsere Tiere ein artgerechtes Leben führen, ist uns genauso wichtig wie ein stressfreier Tod und ein respektvoller Umgang mit dem Fleisch", sagt Schmidt, der früher als Marketing-Experte auf Messen unterwegs war. "Um wirklich stressfrei schlachten zu können, muss man sich allerdings dauerhaft eng mit den Tieren beschäftigen und ein Vertrauensverhältnis aufbauen."
In der Regel kommt nach drei Jahren Aufzucht Schlachtermeister Karl-Heinz Dittmann aufs Feld: "Es geht in erster Linie ums Tierwohl, es gibt keinen Transport, keine Angst und keinen Stress im Schlachthof".
Der Beweggrund von Schmidt, mit seiner Frau Kerstin in die Bio-Rinderzucht einzusteigen, war das zu wenig beachtete Tierwohl in der Landwirtschaft. "Wenn wir das nicht gemacht hätten, wären wir wohl Vegetarier geworden", meint der 54 Jahre alte gebürtige Thüringer, der selbst gern kocht. Geschlachtet werden an die 50 Tiere im Jahr, in einem Hofladen und auf den Märkten in Lüneburg und Hamburg (Isemarkt) verkauft er die Ware aus dem selbst umgebauten Anhänger.
Prozedur wie vor 100 Jahren
Die schonende, weitgehend stressfreie Schlachtung habe Auswirkungen auf das Produkt. "Man sieht und merkt, dass das Fleisch anders ist", sagt Schmidt: "Fleisch aus herkömmlicher Schlachtung hat häufig eine höhere Hormonkonzentration durch die Stresshormone. Es lässt viel mehr Wasser beim Anbraten." Wie vor hundert Jahren dauert die Prozedur bis zum fertigen Produkt bei ihm lange: nach der Schlachtung hängt das Fleisch zwei Wochen in der Kühlkammer ab. Danach wird es in der eigenen Fleischerei verarbeitet.
Es kommen viele Kunden, um sich von der artgerechten Haltung zu überzeugen. "Viele sind misstrauisch, weil sie keine guten Erfahrungen gemacht haben, sie schauen, wie ich mit den Tieren interagiere", erzählt Schmidt.
Kostendeckend sei das Projekt bislang nicht, immer noch verdiene er seinen Lebensunterhalt in seinem alten Beruf. Zuletzt kamen 70 Schweine dazu – sie gehören zur Rasse Berkshire, leben und sterben auf der Weide wie die Rinder. Die Heiderinder GmbH ist nach eigenen Angaben der erste Betrieb in Niedersachsen, der Schweine auf der Weide schlachten darf. Das Fleisch ist leicht mit Fett durchzogen. "Das ist geschmacklich besonders gut", sagt der Fachmann.