Niedersachsens Wirtschaftsminister Grant Hendrik Tonne dringt auf eine schnelle und wirksame Umsetzung des geplanten Industriestrompreises. "Dass wir jetzt überhaupt konkret über wettbewerbsfähige Energiepreise sprechen, ist richtig. Aber das Modell muss am Ende auch wirken", sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.
Zum 1. Januar 2026 will der Bund einen staatlich subventionierten, niedrigeren Industriestrompreis einführen, der bis 2028 gelten soll. Vorgesehen ist er für stromintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen – etwa in der Stahl- und Chemieindustrie. Einem ersten Entwurf zufolge wird die Maßnahme den Bund mehr als drei Milliarden Euro kosten.
Zu kurze Laufzeit, zu viele Vorgaben
Aus Tonnes Sicht gehen die Pläne des Bundes nicht weit genug. Er fordert vor allem mehr Planungssicherheit für Unternehmen. "Wir reden gerade beim Industriestrompreis über drei Jahre. Das reicht nicht", sagte der Minister. Industrieunternehmen in Deutschland und Europa bräuchten verlässliche Perspektiven für Investitionen. Wie lange die Unterstützung nötig sei, entscheide letztlich die weitere Entwicklung am Markt.
Zugleich sprach sich Tonne gegen zusätzliche Auflagen aus. "Es wird versucht, den Industriestrompreis erneut mit starren Auflagen zu versehen", sagte er. So sollten erhebliche Summen etwa in Klimaneutralität investiert werden. "Viele Unternehmen in Niedersachsen tun das aber schon und fragen sich, ob sich die Inanspruchnahme dann überhaupt noch lohnt."
"Verlieren jeden Monat Industriearbeitsplätze"
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Tonne nannte ein konkretes Ziel: "Wir brauchen Energiepreise von fünf bis sechs Cent pro Kilowattstunde. Irgendwo in diesem Bereich müssen wir am Ende landen, sonst sind wir nicht wettbewerbsfähig", sagte Tonne. "Der Industriestrompreis ist kein Nice-to-have, sondern für die Industrie in Niedersachsen existenziell."
Der Zeitdruck sei hoch. "Wir müssen eher über Wochen als über Monate reden. Wir verlieren jeden Monat Industriearbeitsplätze." Er zweifle daran, dass diese Dringlichkeit überall angekommen sei, setze aber auf Einsicht bei allen Beteiligten.
Mehr Tempo beim Wasserstoff gefordert
Auch beim Thema Wasserstoff sieht Tonne Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) in der Pflicht. "Es ist kein Geheimnis, dass wir die Erwartungshaltung haben, dass das Thema Wasserstoff mehr Aufmerksamkeit vom Bund bekommt als bisher", sagte der Minister. Für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie spiele dies eine zentrale Rolle.
Niedersachsen habe entlang der gesamten Wertschöpfungskette sehr gute Voraussetzungen – vom Import über die Herstellung bis zur Nutzung. Entscheidend seien jedoch verlässliche Rahmenbedingungen. Diese müssten vom Bund geschaffen werden.
"Wir haben zig Unternehmen und auch Investoren, die sagen, dass sie bereit sind, aber Verlässlichkeit erwarten", sagte Tonne. Nun liege es am Bundeswirtschaftsministerium, das Thema entschlossen voranzubringen. "Wir verlieren gerade wertvolle Zeit, die wir eigentlich brauchen, um unsere Wirtschaft gut aufstellen zu können."