In Münster Gericht setzt Verhandlung um schnelle Hannibal-Räumung fort

Absperrungen standen vor über acht Jahren bei der Räumung vor dem Hochhauskomplex Hannibal in Dortmund. (Archivbild) Foto: Ina F
Absperrungen standen vor über acht Jahren bei der Räumung vor dem Hochhauskomplex Hannibal in Dortmund. (Archivbild) Foto
© Ina Fassbender/dpa
Im Juli hatte ein Brandschutzgutachter vor dem Oberverwaltungsgericht der Stadt Dortmund widersprochen. Er sah keine Gründe für eine überstürzte Räumung des Hauses - und sorgte für ratlose Gesichter.

Die spektakuläre Räumung eines Hochhauses in Dortmund im September 2017 beschäftigt auch in der kommenden Woche das Oberverwaltungsgericht (OVG). Vor rund acht Jahren mussten alle Bewohner der rund 400 Wohnungen des "Hannibals" im Eiltempo das Gebäude verlassen. Die Stadt Dortmund hatte Brandschutzmängel angeführt.

In einer ersten mündlichen Verhandlung am 7. Juli hatte ein vom OVG bestellte Gutachter zum Teil der Stadt Dortmund und deren Berufsfeuerwehr widersprochen. Für so eine überstürzte und unmittelbare Räumung hatte der Experte keine Gründe gesehen. Eine direkte Gefahr für Leib und Leben der Bewohner hatte er ausgeschlossen. 

Mit seiner Sicht hatte er auf der Seite der beklagten Stadt allerdings für Kopfschütteln und viele offene Fragen gesorgt. Auch das Gericht zeigte sich bei Antworten des Gutachters zu Fragestellungen, wie schnell das Gebäude geräumt werden kann, welche Gefahr von Müll in der Tiefgarage ausgeht und wie stark die Rauchentwicklung in Treppenhäusern und Laubengängen werden, nicht überzeugt. 

Verhandlung unterbrochen

So vertagte sich der 7. Senat am späten Nachmittag und wollte die Verhandlung ursprünglich am 23. September fortsetzen. Zu diesem Termin war der vom Gericht bestellte Gutachter aber kurzfristig verhindert. Und so geht es jetzt am Mittwoch (12.11.) weiter. Nach Auskunft von Gerichtssprecherin Gudrun Dahme will der Senat voraussichtlich noch am selben Tag ein Urteil verkünden. 

Der damalige Besitzer des Wohnkomplexes mit bis zum Teil 17 Stockwerken war davon überzeugt, dass die Brandschutzmängel hätten schrittweise beseitigt werden können. Die eilige Räumung und das anschließende Nutzungsverbot sei damals nicht nötig gewesen. Deshalb legte der Besitzer Klage gegen die Entscheidung der Stadt ein.

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In erster Instanz hatte die Stadt Dortmund vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen eine Teilschlappe hinnehmen müssen: Zwar sei das Nutzungsverbot rechtmäßig gewesen, nicht allerdings die Räumung. Mit der Anordnung habe sich die Stadt an die Mieter und nicht an die Klägerin als damalige Eigentümerin richten müssen, hieß es. Um diese Frage ging es vor dem OVG allerdings bislang nicht. 

Bundesweite Schlagzeilen nach Feuer in London

Die für die Bewohner überraschende Räumung vor über acht Jahren hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Die Mieter kamen bei Freunden und Bekannten unter oder schliefen vorübergehend in einer großen Sporthalle der Stadt. Heute laufen die Sanierungsarbeiten durch den neuen Besitzer. 

Kurz vor der Räumung des "Hannibal" in Dortmund hatte es im Juni 2017 einen Hochhausbrand in London mit 72 Toten gegeben. Der im 4. Stockwerk ausgebrochene Brand hatte sich rasend schnell über die Fassade des 24-stöckigen Sozialbaus ausgebreitet. Dabei hatte vor allem die Fassadenverkleidung eine fatale Rolle gespielt und als Brandbeschleuniger gewirkt.

dpa