Hamburgs Kultussenator Carsten Brosda hat angesichts der Pogromnacht vor 87 Jahren an eines der verheerendsten Ereignisse der deutschen Geschichte erinnert. "Rückblickend ist der 9. November 1938 der Punkt, an dem im damaligen Deutschland aus Diskriminierung und Entrechtung systematische Verfolgung wurde", erklärte der SPD-Politiker. Dabei seien die Verbrechen von Deutschen in aller Öffentlichkeit begangen worden.
"Das heutige Gedenken an die Vergangenheit ist gleichzeitig eine Mahnung an die Gegenwart: Wenn antisemitische Vorfälle und Gewalttaten heute zunehmen, müssen sich Jüdinnen und Juden auf unsere Solidarität verlassen können", betonte Brosda. Wer eine offene Gesellschaft wolle, müsse dem Hass entschieden entgegentreten. "Es ist daher auch ein wichtiges Zeichen, dass die Bornplatzsynagoge wieder aufgebaut wird."
Am Nachmittag ist am Joseph-Carlebach-Platz – Standort der alten und auch neuen geplanten Synagoge - eine Gedenkveranstaltung an die Pogromnacht von 1938 geplant. Mit der Aktion "Grindel leuchtet" wollen dabei bei Dunkelheit die Anwohnerinnen und Anwohner das Grindelviertel illuminieren.
Bornplatzsynagoge war größtes jüdisches Gotteshaus im Norden
Die Bornplatzsynagoge war einst mit 1.200 Plätzen das größte jüdische Gotteshaus in Norddeutschland. 1908 im Hamburger Grindelviertel eingeweiht, setzten Nationalsozialisten die Synagoge während der Novemberpogrome 1938 in Brand und verwüsteten sie. Ein Jahr später musste sie zwangsweise und auf Kosten der jüdischen Gemeinde abgerissen werden.
Ende 2019 hatte der Bund 600.000 Euro für eine Machbarkeitsstudie zum Wiederaufbau an alter Stelle zur Verfügung. Anfang September 2023 begannen auf dem Joseph-Carlebach-Platz Untersuchungen des Archäologischen Museums Hamburg, bei denen bedeutende historische Zeugnisse der zerstörten Synagoge zutage gefördert und gesichert werden.
Siegerentwurf des Architekturwettbewerbs im September vorgestellt
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Ende September 2023 beschloss die Bürgerschaft die Übereignung des Grundstücks und übergab der Jüdischen Gemeinde symbolisch zwei Flurstücke auf dem Joseph-Carlebach-Platz. Dem im September vorgestellten Siegerentwurf des Architekturwettbewerbs zufolge soll die Bornplatzsynagoge eng an dem von den Nazis zerstörten Original orientiert wiederaufgebaut werden.
Der Entwurf sieht einen rund 40 Meter hohen Kuppelbau sowie mehrere eher nüchtern gehaltene Nebengebäude aus Backstein vor, in denen unter anderem die Gemeindeverwaltung, ein Café und eine eigene Reformsynagoge für das liberale Judentum untergebracht werden sollen. Zuvor hatte der Bundestag bereits mehr als 13 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.