Eine Studie im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) mahnt deutlich höhere Investitionen in Rheinland-Pfalz an und macht verschiedene Vorschläge zu deren Finanzierung. Die Forschungsgruppe für Strukturwandel und Finanzpolitik aus Hannover beziffert in der Studie nach Jahrzehnten zu geringer Ausgaben den tatsächlichen Investitionsbedarf im Land in den kommenden zehn Jahren auf 83,6 Milliarden Euro. Das ist deutlich mehr als die rund 4,8 Milliarden Euro, die Rheinland-Pfalz über zwölf Jahre hinweg aus dem Sondervermögen des Bundes erhält.
Um solch große Investitionssteigerungen finanziell stemmen zu können, wird in der Studie geraten, die mit der Reform der Schuldenbremse eingeräumten Möglichkeiten der Neuverschuldung zu nutzen und mehr mit öffentlichen Investitionsgesellschaften wie etwa kommunalen Wohnungsbaugesellschaften oder der Förderbank ISB zu arbeiten, für die die Schuldenbremse nicht gilt. Außerdem spricht sich der DGB ähnlich wie zuletzt die Grünen für einen Klima- und Transformationsfonds für Rheinland-Pfalz aus.
Der DGB betrachtet die Studie insgesamt als Diskussionsgrundlage. Die grüne Fraktionsvorsitzende Pia Schellhammer sagte: "Wir freuen uns auf den konstruktiven Austausch mit dem DGB, aber auch mit allen demokratischen Fraktionen, um gemeinsam die Zukunftsfähigkeit unseres Landes zu sichern."
Wunsch an nächsten Koalitionsvertrag
Der Investitionsstau müsse dringend aufgelöst werden, forderte DGB-Landeschefin Susanne Wingertszahn. Investitionen stärkten den Standort, schafften Wachstum und stärkten den Zusammenhalt der Gesellschaft. Der nächste Koalitionsvertrag für Rheinland-Pfalz nach der Landtagswahl im kommenden März müsse eine Investitionsoffensive bringen.
Der in der Studie genannte Investitionsbedarf für die Jahre 2026 bis 2035 verteilt sich der Forschungsgruppe zufolge auf verschiedene Sektoren: Demnach sind für Infrastruktur, also Straßen, Brücken, Radwege, ÖPNV und Breitbandausbau 27,6 Milliarden nötig, für Wohnen 10,1 Milliarden, für Klimaschutz und Digitalisierung 30,3 Milliarden, für Gesundheit, also Krankenhäuser und Pflegeplätze 5,5 Milliarden sowie für Bildung, also Schulen, Kitas und Hochschulen 10,1 Milliarden Euro.
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"Fiskalpolitisch konservative Haltung"
Die vergangenen 30 Jahre seien von "Unter-Investitionen" vor allem im kommunalen Bereich geprägt gewesen, sagte Torsten Windels von der Forschungsgruppe. Die an sich positive Konsolidierungspolitik in Rheinland-Pfalz sei zu Lasten der Investitionen gegangen. Rheinland-Pfalz habe zuletzt eine eher "fiskalpolitisch konservative Haltung" eingenommen. Die Folge? Während auf jeden Einwohner in Bayern rund 1.600 Euro an öffentlichen Investitionen pro Jahr kämen, sei es in Rheinland-Pfalz lediglich die Hälfte.
Das Sondervermögen des Bundes sollte eigentlich nicht anteilig gleichmäßig auf alle Bundesländer verteilt werden, sondern schwerpunktmäßig an bedürftigere Länder gehen, riet Windels. Nichtsdestotrotz habe auch das Land eigene Spielräume für mehr Investitionen, eben mit einer inzwischen erlaubten gewissen Neuverschuldung und öffentlichen Investitionsgesellschaften. In anderen Bundesländern gebe es etwa Krankenhausinvestitionsgesellschaften als Anstalten des öffentlichen Rechts oder welche für den Hochschulbau.