Es wirkt, als wäre die Bundeswehr ein ganz normales Unternehmen. Die Panzerbrigade 45 ist in Vilnius noch in einem Bürokomplex mit großen Fenstern untergebracht. Soldaten gehen im Foyer im Minutentakt an Menschen in Business-Outfits vorüber. Vom großen Auftrag, die Nato-Ostflanke zu verteidigen, ist hier derzeit noch wenig zu sehen.
Und doch wird genau dieses Ziel akribisch verfolgt. In den nächsten zwei Jahren soll die Bundeswehr in Litauen voll einsatzfähig werden. Geplant ist dort eine Gesamtstärke von etwa 4.800 Soldaten. "Wir sind total im Fahrplan", sagt Brigadegeneral Christoph Huber nach einem Austausch mit Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Im nächsten Jahr seien große Übungen geplant, so Huber. "Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit der Nato."
Reaktion auf Bedrohung durch Russland
Mittlerweile sind rund 400 Soldatinnen und Soldaten vor Ort. "Der Aufbau geht weiter", sagt Huber und dankt Litauen für die Unterstützung. Das Land stellt die militärische Infrastruktur bereit. "Das sind vor allem Kasernenanlagen", so der Brigadegeneral. Es gehe aber auch um Unterkünfte sowie Trainingsmöglichkeiten und Lagerkapazitäten. "Und das Gute ist: Litauen ist komplett im Zeitplan."
Die Panzerbrigade 45 wurde als Reaktion auf die wachsende Bedrohung durch Russland eingerichtet und im April formal in Dienst gestellt. Der künftige Hauptstandort der Brigade soll eine noch zu bauende Kasernenanlage mit Truppenübungsplatz in Rudninkai sein. Bis zur Fertigstellung nutzt die Bundeswehr noch die Übergangslösungen.
Haseloff: "Es ist nicht nur eine symbolische Anwesenheit"
Hier sei Aufbruchstimmung zu spüren, betont Haseloff nach einem Gespräch mit Soldaten, die aus Sachsen-Anhalt stammen. Die Soldatinnen und Soldaten fühlten sich in Litauen willkommen. "Es ist also wirklich eine Pionierarbeit, die hier stattfindet. Keiner bereut seine Entscheidung", so Haseloff. "Es ist nicht nur eine symbolische Anwesenheit." Deutschland trage erheblich dazu bei, die Sicherheit Litauens zu gewährleisten.
Die Brigade hat eine hohe symbolische Bedeutung für die deutsch-litauischen Beziehungen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte beim Aufstellungsappell der Brigade betont: "Der Schutz von Vilnius ist der Schutz von Berlin." Dieses Zitat soll nun in der litauischen Hauptstadt an der Rathauswand verewigt werden.

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Wehrdienst mit klaren Kriterien
Doch es geht nicht nur um Worte, sondern vor allem um Taten. Man sehe in der Ukraine, wie Russland agiere, sagt Haseloff. "Und deswegen ist es wichtig, dass wir hier den Litauern und auch den baltischen Staaten entsprechend der Nato-Bündnisverpflichtungen zur Verfügung stehen." Dies sichere letztlich auch die Freiheit und Sicherheit Deutschlands.
Personell muss die Bundeswehr den Aufwuchs untersetzen. Deshalb bezieht Haseloff in der Debatte um den Wehrdienst klar Position. Dieser müsse dazu dienen, dass militärische Aufgaben realisiert würden und es eine Identifikation der Bevölkerung mit Verteidigung gebe. "Da muss es ein faires und nachvollziehbares Verfahren geben, damit Soldatinnen und Soldaten bereit sind, für unsere Freiheit einzustehen", betont der Regierungschef. Statt eines Zufallsprinzips brauche es klare Kriterien, "die jeder nachvollziehen kann".
Kooperationen bei der Drohnenentwicklung?
Im Rahmen seines viertägigen Besuchs in Lettland und Litauen hat Haseloff mit den Wirtschaftsministern Viktors Valainis (Lettland) und Edvinas Grikšas (Litauen) ausgelotet, wie eine bessere Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Drohnen aussehen könnte. Es gehe darum, die Resilienz und die Verteidigungsfähigkeit zu erweitern, betont er. Die baltischen Staaten drängen insgesamt auf eine schnellere Aufrüstung in Europa. Deutschland wird dabei als wichtiger Sicherheitspartner gesehen. Und: Der CDU-Politiker will die Wirtschaftsbeziehungen zu den baltischen Staaten ausbauen.
Im Baltikum kam es zuletzt immer wieder zu Grenzverletzungen. Es gab ebenso wie in Deutschland Drohnensichtungen mit unterschiedlichen Auswirkungen auf die Sicherheitslage und den Luftraum. Litauen hat eine rund 679 Kilometer lange Grenze zu Belarus, die Teil der EU-Außengrenze ist. Lettland hat im Osten eine rund 283 Kilometer lange Grenze zu Russland und eine 172 Kilometer lange Grenze zu Belarus.