Das Landgericht Dresden hat eine junge Frau wegen Tötung ihres Neugeborenen zu drei Jahren Haft verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die 24-Jährige Anfang Februar das Kind auf der Toilette ihrer Wohnung in Freital zur Welt brachte und kurz darauf erstickte. Die Frau musste sich wegen Totschlags verantworten. Das Gericht sah einen minder schweren Fall, bei dem der Strafrahmen zwischen einem und zehn Jahren liegen kann.
Die Staatsanwaltschaft hatte sieben Jahre Gefängnis gefordert, die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Die Frau hatte angegeben, dass das Kind kurz nach der Geburt starb. Das Gericht setzte den Haftbefehl für die zweifache Mutter außer Vollzug, weil es weder eine Fluchtgefahr noch eine Verdunkelungsgefahr sah. Die Frau kann demnach auf freien Fuß bleiben, bis das Urteil rechtskräftig wird.
Totes Kind "wie Müll entsorgt"
Ein Mitarbeiter einer Abfallfirma fand die Babyleiche am 7. Februar. Die Frau hatte das tote Baby in einer Tüte im Biomüll abgelegt. Die Staatsanwaltschaft wertete das erschwerend für die Angeklagte. Sie habe das Kind "wie Müll entsorgt", hieß es im Plädoyer der Anklagevertretung. Mordmerkmale sah die Staatsanwaltschaft aber nicht. Zu Gunsten der Frau wurde ihre schwierige familiäre Situation gewertet. Die zweifache Mutter sei in ihrer Beziehung und im Alltag weitgehend auf sich allein gestellt gewesen.
Verteidigung will voraussichtlich Rechtsmittel einlegen
Nach Ansicht von Verteidiger Peter Manthey liegt kein unmittelbarer Beweis dafür vor, dass die 24-Jährige das Baby nach der Geburt erstickte. Dass die Angeklagte das Kind nicht wollte, sei zwar nachgewiesen. Daraus lasse sich aber kein Rückschluss auf eine Tötungsabsicht ziehen, hatte er in seinem Plädoyer angeführt. Manthey bezeichnete nach der Verkündung das Urteil als falsch und hielt es für sehr wahrscheinlich, Rechtsmittel einzulegen.
Keine Anhaltspunkte für einen natürlichen Tod
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Das Gericht war überzeugt, dass die Frau auf keinen Fall ein drittes Kind wollte. Sie habe auch ihren Arbeitsplatz nicht verlieren wollen und sei einer "fatale Problemlösungsstrategie" gefolgt. Es gebe keine Anhaltspunkte für einen natürlichen Tod des Kindes.
Gutachter findet keine Hinweise auf seelische Störungen
Ein forensischer Psychiater hatte ein Gutachten über die Beschuldigte erstellt und ihr weder krankhafte seelischen Störungen noch Rauschzustände oder verminderte Intelligenz attestiert. Es gebe keine Hinweise auf psychiatrische Erkrankungen im engeren Sinne, sagte er. Allerdings machte er problematische Einflussfaktoren in ihrer Entwicklung geltend. Während der Schwangerschaft habe sie keine Beziehung zu dem Kind herstellen können und sich auch nicht auf die Geburt vorbereitet.