Nach dem gewaltsamen Tod eines Gerichtsvollziehers im Saarland geht bei den Thüringer Gerichtsvollziehern Sorge um. "Mit mir hat das was gemacht, dieser Übergriff im Saarland. Das kann in Thüringen genauso passieren", sagte die Vorsitzende des Landesverbands Thüringen des Deutschen Gerichtsvollzieherbundes, Jana Weber. "Man hinterfragt sich schon, welchen Job man da eigentlich macht."
Vergangene Woche war ein Gerichtsvollzieher im Saarland bei einer Zwangsräumung getötet worden. Der mutmaßliche Täter soll in seiner Wohnung mit einem Jagdmesser auf das 58-jährige Opfer eingestochen haben. Am heutigen Freitag ist laut Weber die Beerdigung geplant. "Das wird nochmal ein sehr emotionaler Moment."
Beleidigungen sind Alltag geworden
In den vergangenen Jahren sei der Gegenwind rauer geworden, sagte Weber weiter. Beleidigungen seien Alltagsgeschäft geworden. "Da bekommt man ein dickes Fell mittlerweile." Gerichtsvollzieher seien eigentlich nur dafür da, schlechte Nachrichten zu überbringen und umzusetzen. Vorher habe es viele andere Möglichkeiten gegeben, die Situation zu klären. Es werde dann aber oft emotional. "Man nimmt den Gerichtsvollzieher als Buhmann wahr."
Sie habe nach dem Vorfall im Saarland konkret überlegt, welche Sicherheitsmaßnahmen sie optimieren könne, so Weber. In Thüringen gebe es schon seit Jahren kugel- und stichfeste Schutzwesten für Gerichtsvollzieher.
"110 zu wählen, hätte dem Kollegen im Saarland auch nicht geholfen"
Außerdem sei bundesweit eine Gefährdungsabfrage etabliert worden. Sprich: Bei kritischen Fällen könnten Gerichtsvollzieher bei der Polizei anfragen, ob eine Gefahr für Leib und Leben besteht. Sei dem so, könne man sich von der Polizei begleiten lassen, erklärte Weber.
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Sie hoffe, dass die Hürden für eine Begleitung durch die Polizei künftig niedriger angesetzt werden, so Weber weiter. "Im Notfall die 110 zu wählen, hätte dem Kollegen im Saarland auch nicht geholfen."
Meißner: Bisher wenige Körperverletzungen
Thüringens Justizministerin Beate Meißner (CDU) berichtete ebenfalls, dass die Reaktionen auf die rund 100 Gerichtsvollzieher im Freistaat zunehmend rauer würden. Der Großteil sei weiblich. Ihre Arbeit finde in einem konfliktbehafteten Umfeld statt und sie träfen auf Bürger in emotional belasteten Situationen.
"Erfreulicherweise gibt es in Thüringen nur in geringer Zahl und bislang mit glimpflichem Ausgang Vorkommnisse, die zu Körperverletzungen führten", so Meißner. Die Mitarbeiter würden unter anderem bei Seminaren zur Eigensicherung und zum Verhalten in Konfliktsituationen auf ihren Dienst vorbereitet.
Zudem gebe es mobile Notfallsender, die den Standort übertragen können. Derzeit werde im Landtag beraten, ob eine Mithörfunktion für diese Notfallsender möglich sei. Laut Weber eine sinnvolle Idee: Dann könnten Einsatzkräfte im Notfall einschätzen, wie die Situation vor Ort aussieht.