Tier des Jahres Röhrt er oder röchelt er? Wie es dem Thüringer Rotwild geht

Der Rothirsch ist das Wildtier des Jahres 2026. (Symbolbild) Foto: Patrick Pleul/dpa/ZB
Der Rothirsch ist das Wildtier des Jahres 2026. (Symbolbild) Foto
© Patrick Pleul/dpa/ZB
Als bedroht gilt das Wildtier des Jahres 2026 nicht. Warum der Rothirsch trotzdem grundsätzlich mit Herausforderungen zu kämpfen hat und warum er im Winter seine Spezialfähigkeiten nutzt.

Der Rothirschbestand in Thüringen ist seit Jahren konstant. Zwar variiere die Zahl des von Jägern geschossenen oder tot gefundenen Rotwilds von Jahr zu Jahr mal mehr und mal weniger, heißt es aus dem Umweltministerium. Doch insgesamt unterliege die sogenannte Jagdstrecke seit mehr als 30 Jahren nur geringen Schwankungen, so dass die hiesige Population relativ stabil sei. 

So lag die Zahl des erlegten und tot gefundenen Rotwilds im Jagdjahr von April 2024 bis Ende März 2025 bei 6.382. Im selben Zeitraum ein Jahr zuvor waren es 6.882 und davor 6.500 gewesen.

Jüngst ist der mächtige Geweihträger zum Wildtier des Jahres gewählt worden, was dennoch die Diskussion über die Zukunft seines Bestands angefeuert hat. Denn die Zerschneidung der Landschaft etwa durch Autobahnen und Bahntrassen erschwert den Tieren die Wanderschaft.

Zersiedelung wirkt sich auf Genpool aus

Das wird zum Problem etwa in der Brunftzeit, denn männliche Tiere können dann nicht zu weiter entfernt lebenden Weibchen vordringen. In der Folge kann es zu genetischer Verarmung und Missbildungen unter dem Rotwild kommen. Für Thüringen selbst aber lägen derzeit keine Belege für Inzuchterscheinungen beim Rothirsch vor, betonen Fachleute des Ministeriums.

Gleichwohl ist dort die grundsätzliche Problematik bekannt. Diese wird zudem durch sogenannte Einstandsgebiete für Rotwild verschärft. Diese amtlich festgelegten Areale sollen auf der einen Seite Lebensräume für das Schalenwild sichern. Auf der anderen Seite soll es die Wälder außerhalb dieser Gebiete schützen, denn die Tiere knabbern etwa gerne an jungen Trieben. Außerhalb der Einstandsgebiete sollen die Population der Hirsche daher deutlich kleiner gehalten und Tiere vermehrt abgeschossen werden.

Festgelegte Korridore als Wanderhilfe?

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Auch dadurch würden folglich die Wanderbewegungen des Rothirsches eingedämmt, kritisiert der Nabu Thüringen. Der Naturschutzverein fordert daher, die Einstandsgebiete wegfallen zu lassen und so die freie Ausbreitung von Rothirschen in der Landschaft zu ermöglichen. Auch Querungshilfe über Straßen etwa sollten für die Hirsche und andere Wildtiere geschaffen werden.

Aus dem Umweltministerium heißt es dazu, dass inzwischen mögliche Wanderkorridore für Rotwild mit dem Landesjagdverband besprochen würden. Dabei gehe es etwa darum, wo diese verlaufen könnten. Konkrete Festlegungen gebe es bislang jedoch nicht.

Kleinere Organe im Wintermodus

Derweil steht für den Rothirsch wie für viele andere Wildtiere wieder eine besonders zehrende Zeit an. "Das Rotwild geht in den Wintermodus und fährt in der kalten Jahreszeit den Stoffwechsel herunter", erklärt der Präsident des Landesjagdverbands, Ludwig Gunstheimer. Um möglichst wenig Kalorien zu verbrennen, verkleinert der Rothirsch laut Deutscher Wildtierstiftung sogar manche seiner Organe. 

Früher Schonzeit auch um Wälder zu schonen?

"Wenn die Tiere durch die Jagd aber beunruhigt werden und Energie verbrauchen, wollen sie schnell wieder Nahrung aufnehmen", weiß Gunstheimer. Dann machten sich die Tiere erst recht so an Bäumen und anderen Pflanzen zu schaffen, dass Waldbesitzer wenig erfreut seien. "Wir vom Landesjagdverband hätten daher am liebsten eine Schonzeit schon ab dem 31. Dezember", so Gunstheimer. Aktuell beginnt die Zeit, in der Rotwild nicht gejagt werden darf, am 15. Januar und endet im Sommer.

Rothirsche wanderten laut Nabu ursprünglich so wie auch andere große Pflanzenfresser in großen Herden durch damals offene Landschaften und ernährten sich etwa von Gräsern und Kräutern. Im Laufe der Zeit wurden die Tiere demnach allerdings immer weiter in den Wald gedrängt. Dort suchten sich die Vegetarier ihr Futter inzwischen vor allem in Form von Rinden, Trieben und Knospen von Bäumen.

Bei einer von der Deutschen Wildtier Stiftung organisierten Online-Abstimmung hatte sich der Rothirsch gegen Hermelin und Goldschakal als Wildtier des Jahres 2026 durchgesetzt.

dpa