Vor zwei Jahren bringt eine Frau im Weimarer Land zu Hause in der Badewanne ein Kind zur Welt, das laut Staatsanwaltschaft kurz darauf im Wasser stirbt. Nun sitzt die Mutter unter Tränen wegen Totschlags auf der Anklagebank vor dem Landgericht Erfurt. Ihr sei bewusst, was ihr vorgeworfen werde, sagte die heute 38-Jährige zum Prozessauftakt. "Ich habe nur noch wenige Erinnerungen an diesen Tag und weiß nicht mehr genau, was passiert ist", sagte die weinende und aufgewühlte Frau.
Laut Staatsanwaltschaft soll die Angeklagte das Mädchen nach der Geburt wieder in das Badewasser gelegt haben. Das Neugeborene, das dem Entwicklungszustand nach lebensfähig gewesen sein soll, sei daraufhin ertrunken beziehungsweise erstickt.
Zwischen Schuldgefühlen und Selbstzweifeln
Die Angeklagte gab an, sich nur noch daran erinnern zu können, wie das Mädchen auf ihrem Bauch gelegen und nicht geatmet habe. "Für mich war meine Tochter nicht am Leben." Da das Mädchen nicht geatmet, sich nicht bewegt und keinen Laut von sich gegeben habe, sei sie von einer Totgeburt ausgegangen. "Ich habe alles falsch gemacht."
Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, dass sie billigend in Kauf genommen habe, dass der Säugling im Wasser starb. Die Angeklagte habe einen Menschen getötet, ohne Mörder zu sein, so Staatsanwältin Steffi Herb.
Die 38-Jährige hat aus früheren Beziehungen noch zwei weitere Töchter und einen Sohn, den sie nach der Geburt zur Adoption freigegeben habe. Sie berichtete vor Gericht von ihren Selbstzweifeln und dem Gefühl, nie zu genügen. Sie gab an, in einer Therapie ihre Probleme aufzuarbeiten. Ihre Familie und Geschwister hätten inzwischen den Kontakt zu ihr abgebrochen.
Zu ihren Beziehungen sagte die Angeklagte, sie habe immer versucht, eine Familie aufzubauen und zu funktionieren: "Ich habe immer jemanden gesucht, der mich liebt. Ich war leider nie beziehungsstabil."
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Angst, erneut zu enttäuschen
Als sie die Schwangerschaft bemerkte, habe sie Angst gehabt, wieder alle zu enttäuschen, berichtete die 38-Jährige. Ihr Lebensgefährte habe keine Kinder mehr gewollt und ihre Eltern würden sie für eine schlechte Mutter halten. Sie habe auch überlegt, das Kind zur Adoption freizugeben oder die Schwangerschaft zu beenden. Sie bestritt jedoch, eine Fehlgeburt einleiten zu wollen.
Nach der Geburt habe sie die Nabelschnur mit einer Schere durchtrennt und das tote Baby vor dem Kleiderschrank im Schlafzimmer gelegt und geweint. Zugleich habe sie das Badezimmer gesäubert. Da es der Angeklagten gesundheitlich nicht gut ging, rief ihr Partner später den Rettungsdienst. Diesem habe die Angeklagte nach eigenen Angaben dann gesagt, dass sie eine Totgeburt gehabt habe.