Ausgerechnet eine Kindergärtnerin ließ ihre vier Kinder zurück. Einfach so. Zehn Monate in einer Wohnung in Berlin-Prenzlauer Berg. Die Kleinen, im Alter zwischen acht und zwölf Jahren, mussten sich allein durchschlagen, nur der Älteste, Joshua, kümmerte sich um seine drei Geschwister. Gabriele B, vom Boulevard schon als "Horror-Mutter" tituliert, guckte nach eigener Aussage nur ab und an vorbei, ansonsten lebt sie bei ihrem neuen Freund.
In der Berliner "BZ" erklärte die 46-Jährige nun, was sie dazu bewogen hat, ihre Kinder sich selbst zu überlassen. Ein Gesprächsprotokoll, das viel Unverständnis auslösen wird. Da sei zum einen der untreue Vater der Kinder. Er habe sie ständig betrogen und sei irgendwann mit einer seiner Geliebten durchgebrannt. Angeblich ließ er seine Familie auf Mietschulden sitzen und Unterhalt soll er auch nicht gezahlt haben. Und dann sei noch da noch eine Kur gewesen, bei der sie ihre Kinder nicht hätten begleiten dürfen.
Für Gabriele B. sei das alles irgendwann zu viel geworden. "Vielleicht hatte ich einfach mal die Schnauze voll", gibt sie zu Protokoll. Und fragt: "Wo hätte ich sie denn unterbringen sollen?" Den Vorwurf, sie habe ihre Kinder verwahrlosen lassen, lässt B. nicht gelten: "Ich habe sie zweimal die Woche gesehen." Allerdings räumt sie ein, "nicht so der ordentliche Typ" zu sein.
Die ganze Angelegenheit wurde erst bekannt, nach dem der zwölfjährige Joshua sich dem Jugendamt anvertraut hatte. Darauf habe die Polizei die vier Kinder aus der Wohnung geholt und sie in einem Wohnheim untergebracht. "Das Bad war Kot verschmiert, Küche und Wohnzimmer hingen voller Spinnweben und der Kühlschrank war voller Ungeziefer", berichtete die Polizei anschließend über den Zustand er Wohnung. Warum die Behörde so lange nichts unternommen hatte, versucht die zuständige Leiterin so zu erklären: "Wir haben viele Fälle, in denen uns der Zutritt über lange Zeit verweigert wird und wir die Familien betreuen, ohne ständig in deren Wohnung zu sein", so Judith Pfennig ebenfalls in der "BZ".
Warum hat niemand etwas mitbekommen?
Diese Auffassung von Betreuung kann der Deutsche Kinderschutzbund nicht nachvollziehen. Es sei "sehr eigenartig", dass Behörden, Schule und Nachbarn nichts von der Verwahrlosung mitbekommen hätten. "Regelmäßige Besuche in der Wohnung hätten das verhindert", sagte Geschäftsführerin Paula Honkanen-Schoberth. Das Jugendamt müsse in Gesprächen mit der Mutter erkunden, wie sie bei der Erziehung ihrer Kinder unterstützt werden könne.
Was mit den Kindern nun passiert, ist noch nicht klar. Für den Kinderschutzbund sei eine Rückkehr zur Mutter möglich. "Man darf sie nur auf keinen Fall wieder allein mit ihnen allein lassen", so Honkanen-Schobert. Denkbar sei dabei eine Ganztagsbetreuung der Kinder und eine sozialpädagogische Familienhilfe. Auch das Jugendamt will Gabriele B. nicht unbedingt die Kinder wegnehmen. Erst in einigen Wochen soll entschieden werden, ob und wie erziehungsfähig die 46-Jährige ist. Jugendamtsleiterin Judith Pfennig will bereits ein gutes Gespräch mit der Mutter geführt haben: "Sie machte den Eindruck, als sei sie in der Lage, die Krise zu bewältigen."