Dem stern ist gelungen, was die Behörden seit mehr als einem Jahr versuchen: Den per internationalem Haftbefehl gesuchten antisemitischen Hetzer Attila Hildmann in der Türkei aufzuspüren. Und jetzt?
Der stern spricht darüber mit Volker Beck. Der Grünen-Politiker hat seine ganz eigenen Erfahrungen mit Hildmann gemacht: Im Sommer 2020 hatte Hildmann auf einer Veranstaltung in Berlin beleidigt und gesagt, er wolle Beck durch "Eiereintreten" töten. Beck erwirkte daraufhin eine Unterlassung gegen Hildmann vor Gericht. Wiederholt Hildmann seine Drohungen und Beleidigungen, müsste er ein Ordnungsgeld von einer Viertelmillion Euro zahlen, andernfalls droht ihm Ordnungshaft.
Volker Beck über Attila Hildmann
Für wie gefährlich halten Sie Attila Hildmann?
Bislang hat sich Hildmann als geistiger Brandstifter betätigt. Die Gefahr ist, dass seine Anhänger zur Tat schreiten und die Ziele seiner Hetze abknallen, erstechen oder zusammenschlagen, wenn sie sie treffen oder dass sie ihnen auflauern. Ob seine Aufrufe Kraftmeierei in der Telegrammgruppe "Wolfsschanze" sind oder er dabei ist, eine terroristische Vereinigung aufzubauen, ist schwer zu sagen. Man muss das aber ernst nehmen und vom Schlimmsten ausgehen.
Sollte die Bundesregierung beziehungsweise der Bundesjustizminister Marco Buschmann sich nun zügig um eine Auslieferung Hildmanns bemühen?
Ja, ganz klar. Der Rechtsstaat muss das Interesse haben, sein Recht durchzusetzen. Hildmann muss strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden und ich will als Opfer seiner Hetze die Möglichkeit erhalten, meine mithilfe von HateAid erstrittenen Rechtstitel gegen ihn durchzusetzen.
Für wie realistisch halten Sie es, dass die Türkei Hildmann ausliefern würde? Bleibt zu befürchten, dass Deutschland dafür eine diplomatische Gegenleistung zahlen muss?

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Erdoğan hat kein spezifisches Interesse an Hildmann. Hildmann ist kein Sympathieträger Er ist auch für die nationalistische, türkische Community nicht anschlussfähig, dafür ist er zu cringe. Er müsste billig zu haben sein.
Welche Konsequenzen sollten aus den Versäumnissen der Generalstaatsanwaltschaft Berlin folgen?
Insgesamt muss man bei der Behandlung der Causa Hildmann durch die Staatsanwaltschaften von Berlin und Brandenburg nachschauen, ob es da bei einzelnen Akteuren auch Gesinnungsaspekte beim Verbummeln gab. So viel wie da schief gelaufen ist, lässt einen zweifeln, dass da alles mit rechten Dingen zuging. Außerdem muss man mal auf die Abläufe und Zuständigkeiten schauen. Da wurde mehr Zeit mit dem Hin- und Herschieben der Akten vertändelt, statt zu ermitteln.
Volker Beck hat die Fragen des stern schriftlich beantwortet.
"Die Suche nach Attila Hildmann – die ganze Geschichte!“ sehen Sie an diesem Mittwoch um 22.35 Uhr live bei stern TV auf RTL.