Die Patientin rief mich aus der Klinik an, dort war sie mit einem vermeintlichen Herzinfarkt eingeliefert worden. Der Verdacht hatte sich nicht bestätigt: Bei der Katheteruntersuchung waren die Herzkranzgefäße gut durchgängig gewesen. Die Endvierzigerin war einige Monate zuvor wegen zu hoher Blutdruckwerte in meiner Praxis gewesen: 160 zu 120. Normal sind 120 zu 80.
Ihr Hausarzt glaubte, der hohe Blutdruck sei stressbedingt. Ein Vollzeitjob, Familie, die Pflege des dementen Vaters würden sie sehr belasten. Die Frau müsse sich mehr Ruhe gönnen, dann werde sich der Blutdruck normalisieren. Mit Medikamenten hatte der Kollege die erhöhten Werte nicht senken können, deshalb hatte er sie zu mir geschickt. Ich glaubte damals nicht an die Schublade "überlastete Frau": Die Patientin war jung, schlank, sportlich und Nichtraucherin, also keine typische Hochdruckpatientin.