Die meisten Menschen erholen sich vollständig von einer Covid-19-Erkrankung. Doch in einigen Fällen haben Betroffene mit anhaltenden Beschwerden zu kämpfen: Sie berichten über Müdigkeit, Erschöpfung oder Geruchs- und Geschmacksstörungen – selbst Wochen nach der akuten Phase der Erkrankung. Mediziner bezeichnen das Beschwerdebild als "Long Covid" oder "Post-Covid-Syndrom". Schätzungsweise mindestens jeder zehnte ehemals Infizierte ist betroffen. Das Risiko steigt grundsätzlich mit der Schwere des Verlaufs, am größten ist es bei schwer Erkrankten, die in einer Klinik behandelt werden müssen. Doch auch Personen mit nur milden bis moderaten Corona-Symptomen können anhaltende Beschwerden entwickeln.
Schützen die aktuellen Corona-Impfstoffe auch vor "Long Covid"? Diese Frage bekommt aktuell vermehrt Aufmerksamkeit, da Studien nahelegen, dass der Schutz vor Ansteckung mit der Zeit nachlassen könnte, allen voran bei Älteren. In seltenen Fällen kommt es dann zu einem sogenannten Impfdurchbruch – einer Infektion trotz vollständiger Impfung. Der Schutz vor schweren Verläufen und Tod durch Covid-19, auch das zeigen aktuelle Auswertungen, bleibt aber sehr hoch.
Studie zu Impfdurchbrüchen
Noch gibt es zu dieser Fragestellung nur wenige Daten. Eine aktuelle Untersuchung liefert aber Hinweise, dass Geimpfte zumindest auf einen gewissen Schutz vor länger andauernden Beschwerden hoffen können, wenn sie sich trotz doppelter Impfung mit dem Coronavirus infizieren. Die Studie, die im Fachblatt "The Lancet Infectious Diseases" erschien, basiert auf Daten der britischen "Zoe Covid Study". Herzstück der Studie ist eine App, in die Probanden Informationen zu Corona-Symptomen, Impfstatus und Testergebnissen eingeben.
Im Zeitraum zwischen Dezember 2020 und Juli 2021 meldeten mehr als 1,2 Millionen Menschen eine erste Impfdosis und mehr als 970.000 eine zweite. Von den vollständig Geimpften steckten sich im weiteren Verlauf 2370 Personen mit dem Coronavirus an. Das entspricht 0,2 Prozent. Im selben Zeitraum gab es rund 4,2 Millionen Corona-Fälle in der Gesamtbevölkerung, das entspricht knapp 6,3 Prozent. Allerdings sind die Zahlen nur bedingt miteinander zu vergleichen, da nicht alle Einwohner Großbritanniens die App nutzen.
Infizierte Geimpfte mussten laut Studie seltener in einem Krankenhaus behandelt werden und meldeten insgesamt weniger Symptome als Geimpfte. Ihre Wahrscheinlichkeit für einen asymptomatischen Verlauf – also einen Verlauf ohne ein einziges Symptom – war zudem größer als bei Ungeimpften.
592 Personen mit Impfdurchbrüchen meldeten Details zu ihrem weiteren Gesundheitsverlauf. Fünf Prozent (31 Personen) berichteten von Beschwerden, die für eine Dauer von mindestens 28 Tagen nach dem positiven Test anhielten – in der Studie wurde das als "Long Covid" definiert. In der Vergleichsgruppe der Ungeimpften meldeten dagegen elf Prozent andauernde Beschwerden.
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Das Risiko, an "Long Covid" zu erkranken, sei bei einem Impfdurchbruch im Vergleich zu einer Infektion ohne Impfschutz "ungefähr halbiert" worden, schreiben die Forschenden vom King's College London im Fachblatt. Dies deute darauf hin, dass das Risiko für Long Covid bei vollständig Geimpften reduziert sei. Zudem müsse auch das insgesamt geringere Ansteckungsrisiko berücksichtigt werden.
Weitere Forschung nötig
Eine Einschränkung der Auswertung ist allerdings, dass die Daten auf Selbstangaben der Studienteilnehmer basieren und nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung sind. Zudem lagen nur für einen bestimmten Anteil der Teilnehmer Angaben zu länger andauernden Beschwerden vor.
Penny Ward, die als pharmazeutische Ärztin arbeitet, bezeichnete die in der Studie beobachtete Risikoreduktion gegenüber dem "Science Media Centre" dennoch als "ermutigend". Weitere Forschung zum Thema "Long Covid" sei aber nötig.
Auch der Berliner Virologe Christian Drosten rechnet mit einer Long-Covid-Risikoreduktion für Geimpfte, wie er kürzlich im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur erklärte. "Es ist von einem weitgehenden Schutz auch gegen Long Covid durch die Impfung auszugehen", so Drosten.
Quelle: The Lancet Infectious Diseases