Windpocken sind sehr ansteckend: Der Name verrät, dass die Erreger durch die Luft von Kind zu Kind wandern. Es sind Varicella-Zoster-Viren, die die Krankheit auslösen. Die Erreger suchen sich meist zwei- bis sechsjährige Kinder aus. Befallen sie deren Körper zum ersten Mal, bilden sich plötzlich überall auf Bauch und Rücken rote Flecken.
Innerhalb von Stunden werden aus diesen Flecken linsengroße Bläschen. Sie sind mit klarer Flüssigkeit gefüllt und umgeben von einem roten Saum. Sie jucken entsetzlich und platzen bei Berührung auf. Die Haut nässt. Allmählich breiten sich die Bläschen über Arme und Beine aus, wandern ins Gesicht und verteilen sich sogar auf Kopfhaut, Mundschleimhaut oder dem Genitalbereich. Meist hat das Kind anfangs leichtes Fieber.
Spielzeug kann ansteckend sein
Das Varicella-Virus überträgt sich nur von Mensch zu Mensch. Die Viren sind mikroskopisch klein, aber äußerst widerstandsfähig. Außerhalb des Körpers überleben sie bis zu zwei Tagen. Während dieser Zeit können sich viele Kinder anstecken. Berührt etwa ein gesundes Kind ein verseuchtes Spielzeug, kann es sich leicht infizieren. Mit noch größerer Wahrscheinlichkeit steckt es sich an, wenn es mit einem bereits infizierten Spielkameraden oder gar mit dessen nässenden Bläschen in Berührung kommt. Kinder mit Windpocken dürfen daher weder in den Kindergarten noch zur Schule gehen - so lange, bis die letzte Blase verschorft ist.
An die Auslöser der Windpocken, die Viren, kommt der Kinderarzt nicht heran. Die körpereigene Abwehr des Kindes wehrt sich aber von ganz allein gegen die Eindringlinge. Der Arzt kuriert nur den Ausschlag und den Juckreiz. In aller Regel hat das Immunsystem die Erreger etwa nach einer Woche unter Kontrolle. Die Pusteln heilen ab. Die Viren dagegen bleiben ein Leben lang im Körper. Doch vorbeugen ist besser als krank werden. Mediziner empfehlen daher eine Schutzimpfung.
Symptome
Ohne Vorboten bilden sich rote Flecken auf der Haut. Wie Pickel sprenkeln sie Bauch und Rücken des Kindes. Sie jucken fürchterlich. Allmählich werden die Windpocken größer und breiten sich über Gesicht, Kopf, Arme und Beine aus. Mitunter befallen sie sogar die Mundschleimhaut und/oder den Genitalbereich.
Angesteckt hat sich das Kind bereits zwei oder drei Wochen bevor die ersten Symptome auftreten. Jetzt bilden sich vor allem in den ersten fünf Tagen immer mehr dieser Papeln. Schon bei leichtem Druck platzen sie auf und nässen. Das Kind fiebert währenddessen leicht. Dann trocknen die ersten Bläschen ab und verkrusten. Nach etwa sieben bis zehn Tagen ist meist alles überstanden.
Schon vor dem Ausschlag sind Kinder ansteckend
Ansteckend sind Kinder mit Windpocken bereits etwa zwei Tage, bevor sie überhaupt Ausschlag bekommen. Ohne es zu wissen, übertragen sie die Viren auf andere, entweder durch Körperkontakt oder indem sie einen Gegenstand berühren. Die Erreger verbreiten sich auch in Windeseile in der Luft. In kleinsten Tröpfchen eingeschlossen, werden sie beim Husten oder Niesen weit durch die Luft geschleudert.
Die Pusteln auf der Haut heilen normalerweise problemlos. Gefährlich wird es nur, wenn Bakterien in die nässenden Stellen eindringen. Das geschieht vor allem, wenn das Kind sich kratzt. Die Haut entzündet sich dann großflächig. Daraus können große Abszesse entstehen, die hässliche Narben hinterlassen.
Bläschen gehen, Viren bleiben
Ist die Haut nicht mit Bakterien besiedelt, trocknen die Bläschen schnell und verschwinden. Die mikroskopisch winzigen Viren aber bleiben im Körper. Sie wandern die Nervenbahnen entlang und setzen sich in Schaltzellen der Nerven nahe dem Rückenmark fest, in den so genannten Spinalganglien. Dort warten sie auf günstige Bedingungen: auf Stress oder ein geschwächtes Immunsystem. Dann tauchen sie wieder auf - als schmerzhafte Gürtelrose, auch Herpes zoster genannt.
Kinder mit Neurodermitis erkranken oft viel heftiger an Windpocken. Myriaden von Bläschen überziehen ihre Haut. Schlimmstenfalls ist die Haut vor lauter Ausschlag kaum noch zu sehen. In so einem Fall hinterlassen die Windpocken mit Sicherheit Narben.
Babys bekommen fast nie Windpocken. Sie sind geschützt durch die Antikörper - spezielle Elemente des Immunsystems - der Mutter. Hat diese jedoch nie Windpocken durchgemacht, kann es gefährlich werden. Erkrankt die Mutter einige Tage vor oder kurz nach der Geburt, fehlen dem Baby die schützenden Antikörper. Es kann sich anstecken und muss dann sofort gegen die Viren behandelt werden.
Kinder mit einem schwachen Immunsystem sind besonders schnell krank. So eine Schwächung ist angeboren, durch eine Krankheit erworben oder durch Medikamente bedingt. Leukämiekranke Kinder sind am stärksten gefährdet. Brechen bei ihnen Windpocken aus, müssen sie sofort behandelt werden. Die Infektion kann für sie sonst tödlich enden.
Diagnose
Dem Kinderarzt genügt ein Blick, um Windpocken zu erkennen. Wie Sterne am Nachthimmel verteilen sich die Bläschen auf der Haut. Daher nennen Mediziner dieses Krankheitsbild auch Heubner-Sternenkarte.
Will der Kinderarzt über die Blick-Diagnose hinaus ganz sicher gehen, öffnet er ein Bläschen, entnimmt Flüssigkeit und untersucht sie unter dem Mikroskop. Findet er Varicella-Viren, hat sich das Kind angesteckt.
Da die Diagnose bei Windpocken so leicht zu stellen ist, raten Mediziner von Bluttests ab. Schließlich ist es unangenehm und tut weh, wenn die Arzthelferin Blut abnimmt. Der Kinderarzt sollte das Blut daher nur dann untersuchen lassen, wenn die Diagnose zweifelhaft ist.
Therapie
Bei Windpocken kann der Arzt nur die Symptome behandeln. Denn das Immunsystem des Kindes kann die Viren alleine bekämpfen. Hat das Kind die Krankheit überstanden, bekommt es zeit seines Lebens nie wieder Windpocken: Es ist immun.
Dennoch raten Fachleute, eine Ansteckung von vorneherein auszuschließen. Eine Impfung erspart Kindern eine schwere Infektionskrankheit. Außerdem: Je älter ein Mensch ist, umso heftiger verläuft die Krankheit. Jugendliche oder junge Erwachsene haben mitunter so viele Bläschen, dass ihre Haut kaum noch zu erkennen ist. Dazu gesellt sich tagelang Fieber.
Die ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt die Schutzimpfung gegen Windpocken für alle Kinder ab elf Monaten. Eine einzige Spritze mit abgeschwächten Viren genügt, um vor der Krankheit zu schützen. Dabei tauchen höchstens einige Tage nach der Impfung ein paar Bläschen auf der Haut auf; sie heilen schnell wieder ab.
Zinklotionen trocknen die Pusteln aus
Hat sich Ihr Kind angesteckt und leidet unter den Pusteln auf seiner Haut, können Sie mit zinkhaltigen Lotionen und farbigen Lösungen mit Gerbstoffen helfen. Diese trocknen die Blasen aus und verhindern, dass sich die nässende Stellen entzünden. Zugleich lindern sie den Juckreiz. Lässt der nicht nach, kommt zusätzlich ein so genanntes Antihistaminikum in Frage, es kann das Jucken stillen. Gegen das Fieber verschreibt der Arzt Schmerzmittel, beispielsweise Paracetamol. Haben sich die nässenden Papeln entzündet, weil Bakterien in ihnen nisten, empfiehlt er ein Antibiotikum. Dieses Medikament tötet die Bazillen ab.
Nur selten wird die Kinderärztin die Windpocken-Viren selbst bekämpfen: etwa, wenn sich Neugeborene bereits im Mutterleib mit den Keimen angesteckt haben oder wenn sich ein Kind ansteckt, das Leukämie hat. Dann hilft Aciclovir, dieses Mittel hält die Viren davon ab, sich weiter zu vermehren.
Tipps
Geben Sie Ihrem kranken Kind keine Tabletten mit dem Wirkstoff Acetylsalicylsäure (ASS). Denn diese Substanz - in vielen Schmerz- und Fiebertabletten enthalten - kann in seltenen Fällen schwere Nebenwirkungen haben: Dann kann Ihr Kind das Reye-Syndrom bekommen.
Das Jucken ist vermutlich das Schlimmste an den Windpocken. Die Kinder kratzen sich rauf und runter. Das erleichtert zwar im ersten Moment. Aber sie reißen sich auch die Bläschen auf, und an diesen Stellen kann sich die Haut entzünden. Am Ende bleiben Narben. Helfen Sie Ihrem Kind, dem Juckreiz zu widerstehen:
- Halten Sie die Fingernägel kurz, damit sich Ihr Kind weniger verletzt.
- Lenken Sie Ihr Kind vom quälenden Juckreiz ab.
- Erklären Sie geduldig, warum es so schlimm juckt.
- Vertreiben Sie gemeinsam die Juckgespenster: Kinder können sich die Quälgeister lebhaft vorstellen.
- Bieten Sie Kratz-Dummys an: Indem das Kind eine Puppe oder ein Stofftier kratzt, kann es in seiner Vorstellung den starken Juckreiz nach außen übertragen.
- Ein Schlafanzug mit eingearbeiteten Hand- und Fußteilen kann verhindern, dass die Kinder sich nachts die Haut malträtieren.
Expertenrat
Gerhard Gaedicke, Professor für Kinderheilkunde an der Berliner Charité, antwortet:
Wie sicher ist die Schutzimpfung gegen Windpocken?
Eine einzige Impfung schützt Ihr Kind sein ganzes Leben lang gegen Windpocken. Vor allem für Kinder mit geschwächter Immunabwehr können die Viren gefährlich werden. Die Impfung hilft. Der Impfstoff enthält abgeschwächte Viren. Gegen diese zieht die körpereigene Immunabwehr zu Felde. Der junge Körper bildet Antikörper, die die Erreger zeitlebens bekämpfen.
Wann kann ich meine Tochter wieder in die Schule schicken?
Solange die Windpocken wüten, muss das Kind daheim bleiben. Das Risiko, andere Kinder zu infizieren, ist zu groß. Erst wenn die letzte Pustel verheilt ist, sind die Viren unter Kontrolle, das Kind steckt niemanden mehr an. Erst dann darf es wieder in den Kindergarten oder in die Schule. Das dauert in der Regel eine Woche bis zehn Tage.
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