Über die Vorstellung, wie sie ihre letzte Lebensphase verbringen wollen, klaffen bei den Bundesbürgern Wunsch und Wirklichkeit meist auseinander. Das zeigt der von der Bertelsmann Stiftung am Montag in Gütersloh veröffentlichte "Faktencheck Gesundheit". So möchten nur sechs Prozent der Deutschen ihre letzten Tage im Krankenhaus verbringen und 76 Prozent lieber zu Hause. Allerdings stirbt nach wie vor fast jeder zweite ältere Mensch in einer Klinik. Nur jeder Fünfte (20 Prozent) beschließt sein Lebensende tatsächlich in den eigenen vier Wänden.
Jeder Zehnte würde in der letzten Lebensphase in ein Hospiz gehen - in der Realität sind dies aber nur drei Prozent. Fast jeder dritte (31 Prozent) stirbt indes in einem Pflegeheim, obwohl nur zwei Prozent dies wollen.
Versorgung für Schwerkranke stark ausgebaut
Wie ein schwerkranker oder alter Mensch betreut wird und ob er im häuslichen Umfeld bleiben kann, entscheidet nicht zuletzt das medizinische und pflegerische Angebot vor Ort. In Regionen mit vielen niedergelassenen Ärzten, die eine Zusatzqualifikation im Bereich Palliativmedizin haben, verbringen laut Studie mehr Menschen ihre letzten Tage in den eigenen vier Wänden.
In Baden-Württemberg zum Beispiel mit seiner gut ausgebauten ambulanten Versorgung sterben nur 41 Prozent der älteren Menschen im Krankenhaus. In Nordrhein-Westfalen, wo die Krankenhauskapazitäten hoch sind, verbringen hingegen 49 Prozent der Älteren ihre letzte Lebensphase in einer Klinik. Wäre in allen Bundesländern das regionale Versorgungsangebot vergleichbar organisiert wie in Baden-Württemberg, müssten der Studie zufolge "jährlich rund 37.000 Menschen weniger im Krankenhaus sterben". Für ein würdevolles Sterben zu Hause müsse die ambulante Palliativversorgung weiter ausgebaut werden.
Zwar seien die Versorgungsangebote für schwerkranke und sterbende Menschen in den vergangenen 20 Jahren stark ausgebaut worden. Allerdings erhielten selbst 2014 bundesweit lediglich knapp 30 Prozent der Verstorbenen eine palliativmedizinische Behandlung, wie Lukas Radbruch von der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin für den "Faktencheck Gesundheit" ermittelte. Dies weise auf eine Unterversorgung hin. "Fast 90 Prozent aller Menschen brauchen am Lebensende eine palliative Begleitung", erklärte Radbruch.
Mangel an Palliativangeboten
Neben dem Mangel an Palliativangeboten vor Ort gibt es laut Bertelsmann Stiftung nach wie vor auch einen hohen Aufklärungsbedarf. So sei nur wenigen Menschen bewusst, dass eine gut organisierte ambulante Palliativversorgung zu weniger Krankenhauseinweisungen kurz vor dem Tod führt. Palliativversorgung stellt den Erhalt der Lebensqualität in den Mittelpunkt. Sie verringert nicht nur Schmerzen und Depressionen, sondern verhindert auch unnötige, belastende Therapien am Lebensende.
Der Bundestag will am Donnerstag das Hospiz- und Palliativgesetz beschließen, das eine bessere Betreuung sterbender Menschen ermöglichen soll. Dafür ist unter anderem vorgesehen, stationäre Hospize für Kinder und Erwachsene finanziell besser auszustatten.