Das Schmerzmittel Ibuprofen schützt womöglich auch in einem gewissen Rahmen gegen Parkinson. Wer mindestens zweimal in der Woche das Medikament nimmt, hat ein um etwa ein Drittel verringertes Risiko, an Parkinson zu erkranken, lautet das Ergebnis einer amerikanischen Studie. Allerdings raten die US-Forscher aufgrund der Nebenwirkungen davon ab, Ibuprofen vorsorglich zu schlucken. Ihre Ergebnisse veröffentlichen sie im Fachblatt "Neurology".
"Bis jetzt ist Parkinson unheilbar. Die Möglichkeit, dass Ibuprofen, ein vorhandenes und relativ unschädliches Medikament, ein Schutz gegen die Krankheit sein könnte, ist eine bestechende Vorstellung", sagt Alberto Ascherio von der Harvard School of Public Health in Boston, der ebenfalls an der Studie beteiligt war.
Parkinson ist eine neurologische Erkrankung, die zumeist zwischen dem 55. und 65. Lebensjahr auftritt. Dabei sterben im Gehirn Zellen ab, die den Botenstoff Dopamin produzieren. Die Folge: Die Informationsübertragung von einer zur anderen Nervenzelle funktioniert nicht mehr richtig, was zu Zittern und Bewegungsstörungen führt. In Deutschland sind laut Kompetenznetz Parkinson zwischen 100.000 bis 250.000 Menschen davon betroffen. Pro Jahr erkranken um die 10.000 Menschen daran neu. Bis jetzt können Medikamente lediglich die Beschwerden lindern.
Hoffnung setzen manche Wissenschaftler in entzündungshemmende Medikamente. Schon länger wird vermutet, dass diese ein Schutz gegen die Krankheit sein könnten. Unklar war allerdings, welche sich dafür besonders eignen. Der neuen Studie zufolge ist Ibuprofen ein aussichtsreicher Kandidat.
Ibuprofen könnte Zellen schützen
Für Ihre umfangreiche Untersuchung analysierten der Epidemiologe Xiang Gao von und seine Kollegen von der Harvard School of Public Health die Daten von 99.000 Frauen und 37.000 Männern, die an Gesundheitsstudien teilgenommen hatten. Anhand von Fragebögen erfassten sie, wie oft und welche Schmerzmittel die Probanden einnahmen. Dazu zählten sogenannte nichtsteroidale Antirheumatika wie Ibuprofen, Aspirin oder andere entzündungshemmende Medikamente. Auch andere Faktoren wie das Alter, die Ernährung oder das Rauchen berücksichtigten die Forscher. In einem Zeitraum von sechs Jahren wurde bei 291 der Teilnehmer Parkinson diagnostiziert.
Die Analyse der Wissenschaftler zeigte: Diejenigen, die mindestens zweimal in der Woche Ibuprofen nahmen, hatten ein um 38 Prozent geringeres Risiko an Parkinson zu erkranken gegenüber den Teilnehmern, die zu anderen Schmerzmitteln wie Aspirin griffen. In einem weiteren Schritt bezogen die Forscher auch weitere Studien mit ein und kamen zu einem ähnlichen Ergebnis. Ibuprofen verringerte demnach das Risiko, an Parkinson zu erkranken, immer noch um 27 Prozent. Wie genau Ibuprofen gegen Parkinson wirkt, ist allerdings noch unklar. Gao zufolge könnte das Schmerzmittel Gehirnzellen schützen und so auch dazu beitragen, das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen. Möglicherweise verringere es auch entzündliche Veränderungen im Gehirn, die zu Parkinson führen können.
Gefährliche Nebenwirkungen
Allerdings warnen die Wissenschaftler davor, Ibuprofen nun einfach vorbeugend einzunehmen. Denn das Medikament könne, besonders bei längerer Anwendung, schwere Nebenwirkungen wie Blutungen im Magen-Darm-Trakt haben. "Ob ein langsameres Fortschreiten der Erkrankung solche Risiken rechtfertigt, muss erst in klinischen Studien untersucht werden", sagt Ascherio.
Der Mediziner Wolfgang Jost von der Deutschen Parkinsongesellschaft hält die Studie indes für keinen großen Wurf. "Entzündungshemmenden Medikamenten wird ein kleiner Effekt auf Parkinson zugeschrieben", sagt er. Klinisch relevant sei dies allerdings nicht. Zudem kritisiert er: "Innerhalb des Krankheitsverlaufes kann es zwar zu entzündlichen Veränderungen der Nervenzellen im Gehirn kommen, doch wir wissen hier noch nicht, ob dies eine Ursache oder eine Folge der Erkrankung ist." Dass Ibuprofen daher vor dem Ausbruch der Krankheit schützen kann, bezweifelt er.
In einem die Studie begleitenden Editorial warnt auch der Neurologe James Bower von der Mayo Klinik in Rochester Ärzte davor, Patienten nun Ibuprofen zu empfehlen. Die Risiken seien zu groß, die Aussagekraft der Studie zu klein. "Zudem gibt es noch eine Menge offener Fragen."