Als Gründe für den niedrigen Versorgungsgrad nennt Professorin Claudia Spies vom Universitätsklinikum Charité in Berlin das Verhalten von Hausärzten und Patienten. Hausärzte trauten sich oft aus Unsicherheit nicht, die richtigen Fragen zu stellen, erklärt Spies in einer Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM). Viele Patienten wehrten ein Gespräch über ihren Alkoholkonsum ab.
Das Thema Alkoholabhängigkeit und damit verbundene Krankheiten stehen heute auf der Tagesordnung des Internistenkongresses in Wiesbaden. In Deutschland trinken nach Zahlen der DGIM mehr als zehn Millionen Menschen Alkohol in gesundheitlich riskanten Mengen. Hausärzte sind wichtig, um eine Alkoholabhängigkeit möglichst früh zu erkennen. Wie viel Alkohol Patienten trinken, können die Ärzte auch mit Laborwerten ermitteln.
Allerdings sollten die Ärzte ihre Patienten nicht mithilfe der Laborwerte "überführen", rät Spies. Ein offenes Gespräch biete einen vorsichtigeren Zugang zum Alkoholproblem. Das bringe die Patienten dazu, sich selbst wirklichkeitsnäher einzuschätzen. Für solche Gespräche gebe es standardisierte Fragebögen als Hilfe. Wolle ein Patient sich erstmals einer Behandlung unterziehen, seien Medikamente sinnvoll, die das Verlangen nach Alkohol deutlich senkten. Studien hätten ergeben, dass solche Medikamente die Abstinenzrate verdoppelten.