Menschen schwitzen. Mal vor Anstrengung oder Hitze, mal vor Aufregung. Eine normale Sache, und doch ist sie uns unangenehm. Man schaut eben schon, wenn jemand mit Schweißflecken auf der Kleidung vor einem steht oder einem eine verschwitzte Hand gereicht wird. "Die Hitze" oder "ich musste hierher rennen" wird als Entschuldigung vorgebracht. Glücklicherweise sind solche Situationen selten. Leider jedoch nicht für rund eine Millionen Menschen hierzulande. Sie schwitzen fortwährend. Unabhängig von Außentemperatur, Anstrengung und Emotionen rinnt ihnen der Schweiß unkontrolliert, meist an den Achseln, den Füßen oder Händen. Jeden Tag. Sie leiden an Hyperhidrose.
Das unkontrollierte strake Schwitzen ist für die Betroffenen in erster Linie eine soziale Herausforderung. Es belastet den Umgang mit anderen Menschen, Freunden und insbesondere dem Partner. Die unablässige Schweißproduktion reizt die Haut unter den Achseln und führt dort zu Rötungen, Ausschlägen bis zu Fremdkörpergefühlen. Manchen rutschen Tassen aus den verschwitzen Händen oder der Touchscreen des Smartphones reagiert auf die nassen Finger nicht mehr. An den Füßen weicht der permanente Schweiß die Hornhaut auf.
Die Ursache der primären Hyperhidrose, die nicht auf organische, hormonelle oder psychische Faktoren zurückgeführt wird, ist noch nicht restlos erforscht. Bei der sekundären Hyperhidrose ist das zentrale oder periphere Nervensystem gestört. Die Therapien sind vielfältig. Mit dem Nervengift Botox, direkt an die betreffenden Stellen injiziert, kann die Produktivität der Schweißdrüsen reduziert werden. Pro Dosis nur für wenige Monate. In gravierenden Fällen lassen sich Schweißdrüsen auch operativ entfernen und gezielt die betreffenden Nervenbahnen kappen. Radikale Schritte.
Zumindest für Hyperhidrose an den Achseln könnte es nun eine erstaunliche einfache Erleichterung geben: eine Creme. Das ist neu. Der deutsche Pharma-Mittelständler Dr. Wolff hat diesen Monat die Zulassung für seinen medizinische Creme Axhidrox auf dem deutschen Markt erhalten. Das vor allem durch die Marken Alcepin und Linola bekannte Familienunternehmen hat zehn Jahre daran geforscht. Axhidrox ist nur auf Rezept erhältlich.

Der Wirkstoff in der Salbe trägt den schwierigen Namen Glycopyrroniumbromid, GPB. Das Medikament hemmt die Signalübertragung zwischen Nerv und Schweißdrüse. GPB gehört zu den in der Medizin vielfach verwendeten Anticholinergika, die bisher als Tabletten gegen unkontrolliertes Schwitzen verschrieben wurden. Die Nebenwirkungen der Tabletten können heftig sein: Mundtrockenheit, Müdigkeit, Sehstörungen bis zur Übelkeit.
Die Forscher bei Dr. Wolff haben es geschafft, den Wirkstoff in eine Salbe zu bringen, so dass das Medikament durch die Haut aufgenommen und wirken kann. Vorteil: Statt Anticholinergika auf den gesamten Körper anzuwenden, lässt er sich nun lokal auftragen. Eben nur dort, wo er auch wirken soll. Laut der Forschungsstudien soll die Creme schnell wirken und die Nebenwirkungen nur "mild bis moderat" sein. Mundtrockenheit trete im Vergleich zur Tablette sehr viel seltener auf.