Ultraschall, Augeninnendruckmessung oder professionelle Zahnreinigung - mit solchen individuellen Gesundheitsleistungen, kurz IGeL, lässt sich gut Geld verdienen: Mit den Checks setzen Ärzte in Deutschland jährlich mindestens 1,5 Milliarden Euro um. Doch die Zusatzuntersuchungen, für die Patienten selbst zahlen müssen, sind umstritten. Mehr als 300 solcher Leistungen gibt es mittlerweile, der medizinische Nutzen ist oftmals unklar.
Für Patienten ist nicht leicht zu unterscheiden, ob ihnen etwas angeboten wird, was medizinisch sinnvoll ist - oder ob es sich um reine Geldmacherei handelt. Damit die Arztpraxis nicht zum Marktplatz wird, gibt es zwar bereits einige Regeln und Selbstverpflichtungen, wie Ärzte mit IGeL umgehen müssen: So dürfen sie etwa ihren Patienten diese Leistungen nicht aufdrängen, sie müssen über Nutzen und Schaden aufklären und ausreichend Bedenkzeit vor der Behandlung einräumen. Auch eine schriftliche Vereinbarung über die geplante Zusatzleistung ist bei Kassenpatienten zwingend.
Doch wie der Alltag in Arztpraxen aussieht, zeigt eine Online-Umfrage der Verbraucherzentralen. An dieser nahmen von April bis Juni dieses Jahres mehr als 1700 Bundesbürger teil. Das Ergebnis: In den Praxen werden die umstrittenen Gesundheits-Checks massiv beworben, die Aufklärung erfolgt häufig jedoch nur mangelhaft, kritisiert der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV).
Wenig Bedenkzeit, keine Information über Kosten
Der Umfrage zufolge, verkaufen Ärzte ihren Patienten am häufigsten die Untersuchung zur Früherkennung des Grünen Star (Glaukom), Ultraschalluntersuchungen wie den vaginalen Ultraschall auf Eierstock- und Gebärmutterhalskrebs und den PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs - und damit gerade Leistungen, deren Nutzen nicht oder nicht eindeutig belegt ist. Auch zahnärztliche Zusatzbehandlungen zählen zu den am meisten angebotenen Gesundheits-Checks.
Dabei fordert nur selten der Patient die Zusatzuntersuchung ein. In mehr als 80 Prozent der Fälle wurden die Befragten in der Praxis darauf angesprochen, in fast jedem zweiten Fall warb das Praxispersonal für die Checks und war direkt am Verkauf beteiligt.
Große Defizite sehen die Verbraucherschützer auch bei der Aufklärung: Nur jeder Vierte gab an, ausreichend über Risiken aufgeklärt worden zu sein. Dabei beanstanden Kritiker immer wieder, dass viele IGeL-Untersuchungen zu falschen Befunden und damit unnötigen Eingriffen führen. In fast der Hälfte der Fälle war auch die Aufklärung über den Nutzen des Checks unzureichend. Daneben beschwerte sich jeder zweite Befragte, nicht genug Bedenkzeit erhalten zu haben. Bei 60 Prozent fehlte der Kostenvoranschlag, bei jedem Fünften die Rechnung.
"Unseriöses Geschäftsgebahren"
Die Abwicklung der umstrittenen Gesundheits-Checks folge teilweise einem unseriösen Geschäftsgebahren, kritisieren die Verbraucherschützer. "Viele Ärzte nutzen das Vertrauen der Patienten aus, wenn sie vom Helfer zum Verkäufer werden", sagte Gerd Billen, VZBV-Chef.
Er forderte die Bundesregierung auf, das geplante Patientenrechtegesetz nachzubessern und für IGeL-Leistungen strengere Regeln einzuführen. Ärzte müssten dazu verpflichtet werden, Patienten über Vor- und Nachteile, Behandlungsalternativen und Kosten zu informieren. Zudem müssten Rechtsverstöße konsequent verfolgt werden. "Selbstzahlerleistungen sollen der Gesundheit dienen, nicht die Selbstbedienungsmentalität mancher Ärzte befeuern."
Informationen darüber, wie sinnvoll eine IGe-Leistung ist, finden Patienten über den "IGeL-Monitor". Auf der Internetseite des Medizinischen Dienstes vom Bund der Krankenkassen wird der Nutzen und Schaden des jeweiligen Gesundheitschecks bewertet.