Vor fünf Jahren sorgten rechtsextreme Chatnachrichten der Frankfurter Polizei für Aufsehen, die im Zuge der "NSU 2.0"-Ermittlungen ans Tageslicht kamen. Darstellungen von Adolf Hitler, Hakenkreuze und weitere nationalsozialistische Symbole sollen in den Chats von fünf Beamten, davon drei Führungskräften, damals geteilt worden sein. Ein Disziplinarverfahren wurde eingeleitet, mehrere Abteilungen sollten neu aufgestellt werden. Es war nicht das erste Mal, dass die Frankfurter Polizei mit rechtsextremen Inhalten in Verbindung gebracht wurde.
"ZDF Magazin Royale" veröffentlicht rassistische Chat-Nachrichten von fünf Polizeibeamten
Doch wie sieht es mittlerweile bei der Frankfurter Polizei aus? Dieser Frage hat sich Jan Böhmermann am Samstagabend (29. September) in der neuen Folge des "ZDF Magazin Royale" gewidmet. Und die beginnt – für das sonst so lockere Satire-Format – erstaunlich ernst. Mit den Worten: "In dieser Sendung geht es um Rassismus, Antisemitismus, Rechtsextremismus, Holocaustrelativierung, NS-Verherrlichung, Volksverhetzung, Sexismus, Misogynie, sexuellen Missbrauch, Verhöhnung von Toten, Ableismus, Islamfeindlichkeit, Gewaltverherrlichung und Leichenschändung" leitet das ZDF die Sendung ein, in der Böhmermann auf genannten Fall zu sprechen kommt – und die damals geleakten Chats für die Zuschauer ersichtlich als #Humorpolizei veröffentlicht.
"Ich bin heute ein Polizei-Humor-Humor-Polizist. Und Polizei-Humor, den versteht ja nicht jeder. Weil ihn selten jemand zu Gesicht bekommt. Denn PolizistInnen verstecken ihre Art von Humor und ihre sehr, sehr guten Witze gerne in geheimen Chatgruppen", beginnt Böhmermann, nachdem er sich in eine Polizeiuniform geschmissen hat und kündigt an: "Wo Politik, Staatsanwaltschaft und Polizei gerne wegschauen, da schaut die Humorpolizei gerne hin."
Und genau das macht Böhmermann in den nächsten 25 Minuten Sendezeit. "In einer WhatsApp-Gruppe namens 'Itiotentreff' zeigten einige Frankfurter Polizisten ihre rechtsextreme Gesinnung, […] 'Das ist so widerwärtig, da dreht sich einem der Magen um', sagt ein leitender Ermittler", wird eine Meldung des "Spiegel" zitiert. Dass dies wortwörtlich genommen werden kann, wird dem Zuschauer spätestens dann klar, als der Moderator geleakte Chats aus der WhatsApp-Gruppe veröffentlicht – und die damalige Entscheidung des Landgerichtes Frankfurt, die Anklage mit der Begründung des Rechtes auf "Meinungsfreiheit" und "Kunstfreiheit" und der Tatsache, dass die Chatinhalte nicht veröffentlicht wurden, gegen die Beamten fallen zu lassen, damit zurecht in Frage stellt.
Rechtsextremismus, Rassimus sowie Sexual- und Vergewaltigungsfantasien
Neben Geburtstagsgrüßen für Adolf Hitler persönlich finden sich in den Chatnachrichten zahlreiche rechtsextreme Bilder, die sich klar auf den Nationalsozialismus beziehen, sowie menschenverachtende, gewaltverherrlichende und pornografische Inhalte, die – wie Böhmermann mithilfe des Grundrechtes klarstellt – weder unter die hierzulande geltende Meinungs- noch unter die Kunstfreiheit fallen. Nicht nur Rassismus und Gewaltverherrlichung gehen aus den Nachrichten hervor, sondern auch frauenverachtende Inhalte, Sexual- und Vergewaltigungsfantasien und Inhalte, die Sexualverbrechen und die Verunglimpfung von Toten verherrlichen.
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Böhmermanns Worte könnten es nicht besser ausdrücken: "Stellen Sie sich vor, sie zeigen eine Vergewaltigung bei der Polizei an und dann steht Ihnen im ersten Revier der Polizei Frankfurt ein Hobby-Satiriker wie Johannes S. gegenüber", so der Moderator und weiter: "Oder sie sind Opfer eines rassistischen Übergriffs und brauchen die Hilfe der Polizei – und der Streifenwagen, der vorbei kommt, ist besetzt mit Mitgliedern dieser coolen WhatsApp-Clique aus bewaffneten Hobby-Satirikern."
Auf die Konsequenzen für die Polizisten kommt Böhmermann ebenso zu sprechen – und zitiert einen Artikel des "Rechtsindex": "Nach rassistischen Chats: Polizisten erhalten seit Jahren volle Bezüge – trotz Freistellung". Bezahlung trotz Suspendierung – ein fragwürdiges Strafmaß für die Beamten, die sich finanziell seit 2018 jeweils über circa 36.000 Euro bis 52.000 Euro pro Jahr freuen durften.
Böhmermann kündigt Teil 2 der Sendung an
Auf Nachfrage Böhmermanns bei der Frankfurter Polizei erhielt der Moderator die Antwort, dass das Revier derzeit "keine Sanktionen gegen die WhatsApp-Gruppe" erlassen darf. Das sei so nicht richtig, weiß Böhmermann – und bezieht sich auf §25 Abs. 3 HDG, der zeigt, dass die Polizei bis 2023 Möglichkeit zum Agieren gehabt hat, das Verfahren jedoch hat verjähren lassen. Doch es gibt immer noch Handlungsspielraum, weiß Böhmermann unter Bezugnahme weiterer Paragrafen. Sein Fazit: "Die Polizei Frankfurt hat es verkackt". Abschließend kündigt der Moderator an, dass es in der nächsten Folge des Magazins eine Fortsetzung und Vertiefung der Thematik geben wird – in der Hoffnung auf weitere Erkenntnisse sowie Fortschritte in der Ahndung der fünf Polizeibeamten.
Einen Teil des vom "ZDF Magazin Royale" in Zusammenarbeit mit FragDenStaat geleakten und veröffentlichten Chats ist online auf www.itiotentreff.chat nachzulesen.