"ZDF Magazin Royale" "PR für Dinge, die am Ende sind": Böhmermann knöpft sich CDU und Markenkampagnen vor

Jan Böhmermann und sein Team des "Magazin Royale" nahmen sich diese Woche Image-Kampagnen vor
Jan Böhmermann und sein Team des "Magazin Royale" nahmen sich diese Woche Image-Kampagnen vor
© ZDF
Manchmal kommt es nur darauf an, wie man etwas verkauft. Aber gilt das auch in der Politik? Diese Frage stellen sich Jan Böhmermann und sein Team im neuen "ZDF Magazin Royale". Und haben in Bezug auf das Neubranding der CDU eine klare Antwort.

Mit einem neuen Logo und in Türkis will sich die CDU neu aufstellen, verkündete Generalsekretär Carsten Linnemann diese Woche. Beim "ZDF Magazin Royale" nutzte man die Gelegenheit, sich die politischen Image-Kampagnen des Landes mal genauer anzusehen. Und Jan Böhmermann fällt am Ende ein hartes Urteil.

Eigentlich hatte man die Sendung schon länger geplant, gibt der Moderator zu. Doch die neue CDU-Kampagne war der perfekte Aufhänger, sich politisches Branding vorzunehmen. Oder wie Böhmermann es böse nennt: "PR für Dinge, die am Ende sind."

Alles Kamapgne

Dabei hatte dsich er Moderator zu Anfang noch so optimistisch gegeben. "Es gibt gute Nachrichten für politisch Interessierte: Die Zeit der Orientierungslosigkeit ist endlich vorbei. Es geht wieder um Inhalte und starke Ideen für ein Deutschland mit Substanz", verkündete er. Um dann das Neubranding der CDU mit ihrem für Aufwind stehenden Bogen und den neuen Farbton "Cadenabbia" zu witzeln.

"Ich stelle mir als lebenslanger Christdemokrat natürlich jetzt einige Fragen", feixt Böhmermann über den türkisen Neuanstrich. "Hilft eine fette, teure PR-Kampagne wirklich gegen unsere programmatische, unsere politische Orientierungslosigkeit?", wundert er sich im Namen "seiner" Partei. "Können wir damit endlich die Grünen vernichten, äh die AfD halbieren?" Die Antwort lautet aus seiner Sicht natürlich: Ja.

PR-Hölle Deutschland

Doch die CDU ist mit der Idee nicht alleine. Ob auf Landesebene, für Metropolregionen oder einzelne Landstriche: Alle haben mittlerweile eigene Imagekampagnen. "Wir brauchen unsere schlausten, unsere Klügsten, unsere Denkelite"; erklärt Böhmermann. "Wir brauchen Menschen, denen wir eine Menge Geld geben können, damit sie uns sagen wo es hingeht mit Deutschland, mit uns."

Deshalb habe man sich die Kampagnen mal genauer angesehen. "Wir haben uns wirklich durch alle PR- und Marketingkampagnen deutscher Metropolregionen, Landkreise und Bundesländer gebinged. Es war die Hölle", so Böhmermann. "Aber was Deutschland jetzt genau sein soll – wir wissen es immer noch nicht."

Ein Land wie das andere

Das liegt auch daran, dass die Kampagnen so austauschbar sind. Ob im englisch-sprachigen Werbeclip für "En-Ar-Dubbleju" – sprich: Nordrhein-Westfalen –,die "Metropole Ruhr", ob Werbung für Schleswig-Holstein oder die "Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg": Sie alle werben mit demselben Versprechen von Forschung, Wissenschaft und Zukunft.

Wie generisch die Kampagnen sind, zeigt er mit einem Clip. "Um welches Bundesland geht es denn hier wohl?", fragt er noch vor dem Abspielen. Nur um dann aufzulösen, dass man einfach Dutzende inhaltsleere Ausschnitte aus Clips von Bayern bis Sylt miteinander vermischt hatte. "Wir können froh sein, dass nicht noch der georgische Präsidentenpalast drunter gerutscht ist", gibt es noch einen Seitenhieb auf den Patzer der CDU.

Dabei richten sich gar nicht alle Kampagnen auch an die Deutschen. "Die Maßnahmen der Kampagne in 2022 waren dabei schwerpunktmäßig auf den Zielmarkt Indien ausgerichtet", bestätigte das Staatsministerium Baden-Württemberg dem "Magazin Royale" auf eine schriftliche Anfrage. Der tatsächlich vermarktete Slogan "The Länd" für das Bundesland ergibt dann plötzlich mehr Sinn. Oder doch nicht? Jedenfalls gibt es dafür genügend Budget. "Nach Angaben des Staatsministeriums kostet die Werbekampagne insgesamt 21 Millionen Euro", zitiert Böhmermann den "SWR". "Fast so viele Kulturen gibt es in der Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg."

"Zum Kotzen schön"

Doch die modernen Slogans müssen nicht besser sein. "Nice Leute, nice Landschaft, nices Essen: wie Instagram in echt", kann natürlich nur ein Bundesland beschreiben. Richtig, es geht um Rheinland-Pfalz. "Was soll das denn heißen?", fragt sich Böhmermann. "Ein Land mit unrealistischem Fotofilter, aufdringlichen Sexbots, alles voll El Hotzo Tweets und immer drei Wochen hinter Tiktok her – ist das wirklich Rheinland-Pfalz?"

Dann doch lieber ein Zitat aus einer Kampagne über das Erzgebirge: "zum Kotzen schön", sei es da, heißt es in Bezug auf ein Zitat des Malers Otto Dix. Der Bezog sich aber auf den Bodensee.

Wer ist Deutschland?

Den Anfang machte 2008 "Du bist Deutschland". Unzählige Prominente und einfache Bürger warben da gemeinsam für die positive Identifikation mit dem eigenen Land. "Wir haben ganz Deutschland neu gedacht. Mit der Kraft des Marketings." Die Musik erinnere ihn an Forrest Gump, überlegt Böhmermann. Und witzelt in Anlehnung an das berühmte Zitat aus dem Film: "Deutschland ist wie eine Schachtel Pralinen: überwiegend braun, für alte Leute gemacht und überraschend viel Alkohol drin."

Einige der teilnehmenden Promis bekommen auch ganz persönlich einen mit. "Wir haben Mut zur Wahrheit", so Böhmermann – und zeigt ein Bild des zu Verschwörungstheorien geneigten Xavier Naidoo. "Wir recherchieren" – ein Bild von Böhmermanns ehemaligem Arbeitgeber Harald Schmidt, der zuletzt wegen eines Partyfotos mit rechtskonservativen Sprachrohren in den Schlagzeilen war. "Wir haben feinsinnigen Humor", mit einem Bild Oliver Pochers. "Und sportlichen Erfolg", zum im Sommer geschassten Bayern-Chef Oliver Kahn.

Zum Ende gibt es dann ein trauriges Fazit. Geändert habe sich durch die Kampagne auch Jahre später nichts. "18 Jahre nach 'Du bist Deutschland‘ sind wir nicht nur Deutschland geblieben, sondern noch viel mehr Deutschland geworden."

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