"Gran Torino" Der gute Rassist

Clint Eastwood liefert den Film zur Obama-Ära: Der verbitterte Kriegsveteran Walt Kowalski ist voller Fremdenhass. Das ändert sich, als seine asiatische Nachbarsfamilie von einer Gang schikaniert wird. Walt entschließt sich, einzuschreiten.

Walt Kowalski, Veteran des Koreakrieges und Automobilarbeiter im Ruhestand, hat gerade seine Frau beerdigt. Die beiden Söhne leben ihr eigenes Leben, mit den Enkelkindern kann der alte Mann wenig anfangen, die aus Südostasien eingewanderten Nachbarn in der typisch amerikanischen Vorstadtsiedlung von Detroit mag er nicht. Kowalskis Zuneigung gilt allein noch seinem Hund Daisy und dem akribisch gepflegten Oldtimer in der Garage, einem 1972er Gran Torino. Dieses Auto will der Rentner mit allen Mitteln verteidigen. Und das muss er bald auch tun, denn eine asiatische Jugendgang aus dem ziemlich heruntergekommenen Viertel versucht, den Gran Torino zu stehlen.

Ausgerechnet der schüchterne Nachbarjunge Thao von der ungeliebten Familie nebenan soll das Auto entführen. Doch Kowalski ist auf der Hut, verhindert das und erteilt der Gang dazu noch eine Lektion. Das macht den Alten plötzlich zum Helden unter den Bewohnern aus dem Hmong-Volk, die im Vietnamkrieg in Laos und anderen Ländern auf Seiten der Amerikaner standen und deshalb einwandern durften. Zuerst kann Kowalski mit dieser plötzlichen Popularität überhaupt nichts anfangen und lehnt die überbrachte Geschenkflut brüsk ab. Doch dann entwickelt sich eine neue Beziehung zu den kulturell so fremden Nachbarn.

Was daraus wird, zeigt der amerikanische Film "Gran Torino" von und mit Altmeister Clint Eastwood. Es ist keine große, aufwändige Produktion wie Eastwoods vor einiger Zeit angelaufenes Drama "Der fremde Sohn", aber gleichwohl ein weiteres Meisterwerk des 78-jährigen Schauspielers und Regisseurs. Denn "Gran Torino" zeigt zugleich Bilder der schweren Krise eines Landes wie auch eine menschenfreundliche Geschichte, die falsche Sentimentalität und aufgesetzte Dramatik meidet.

Den Nerv des amerikanischen Zeitgefühls getroffen

Das Drehbuch stammt von einem jungen Autor namens Nick Schenk, der aus Minnesota stammt. Dort hat er in einer Fabrik gearbeitet, in der er Bekanntschaft mit Menschen aus dem Hmong-Volk machte. Schenks Drehbuch gelangte über einige Stationen schließlich zu Eastwoods Produzenten Robert Lorenz. Der gab es an den Altmeister weiter mit der Bemerkung: "Keine Ahnung, ob du das machen oder darin auftreten willst - aber du wirst beim Lesen deinen Spaß haben." Eastwood biss an, das Ergebnis ist in jeder Weise überzeugend, künstlerisch wie kommerziell. Denn bislang hat der in der Produktion eher billige Film allein in den USA schon 130 Millionen Dollar in die Kassen gebracht. Damit hatte keiner gerechnet.

Doch "Gran Torino" trifft offensichtlich den Nerv des aktuellen amerikanischen Zeitgefühls zu Beginn der Präsidentschaft von Barack Obama. Dabei ignoriert der Film einige "Auflagen" der sogenannten politischen Korrektheit souverän. Die Jugendgangs des Viertels, ob nun aus Hmongs, Schwarzen oder Latinos bestehend, werden in all ihrer Verrohung und Bereitschaft zu Gewalt ungeschönt gezeigt. Dass ausgerechnet ein alter weißer und sehr konservativer Mann mit dem Willen zur Stiftung einer besseren Ordnung dagegen angeht, mag einige Betrachter irritieren.

Denn Eastwood war ja vor vielen Jahren sehr erfolgreich jener "Dirty Harry", der das Gesetz in die eigene Hand nahm. Aber das tragische, fast etwas zu pathetische Ende zeigt einen ganz anderen Helden, nämlich einen Märtyrer, dessen Kriegstrauma im Kugelhagel endet. Über den Schluss des Filmes mag man geteilter Meinung sein, über die Qualität und Sinnhaftigkeit der Geschichte eines bejahrten Mannes, der sich noch einmal für Neues öffnet, bestimmt nicht. Clint Eastwood ist und bleibt eine Garantie für gutes Kino. Die Dreharbeiten für sein nächstes Werk haben schon begonnen. Das ist eine tröstliche Nachricht in schwierigen Zeiten.

Wolfgang Hübner/ AP

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