"Stoned" Mord im Swimmingpool

Er ist in Vergessenheit geraten. Dabei wären die Rolling Stones ohne ihr Genie Brian Jones vermutlich nie so berühmt geworden. 1969 ertrank der charismatische Sänger im Swimmingpool - unter mysteriösen Umständen. Der Film "Stoned" enthüllt nun: Es war Mord.
Von Kathrin Buchner

Kurt Cobain, Janis Joplin, Jim Morrison und auch Brian Jones - große, tragische Gestalten des Rock'n'Roll, die nicht nur die Kreativität und Exzessivität eint, sondern auch die Tatsache, dass sie alle mit 27 eines unnatürlichen Todes gestorben sind, mehr oder weniger selbst verschuldet durch exzessiven Drogenkonsum.

Doch es scheint, als müsse zumindest eine Geschichte noch einmal umgeschrieben werden. Zweifel gab es schon immer, denn trotz Brian Jones' Sucht fand man in seinem Blut kaum Spuren von Alkohol oder Drogen. Also wurde schon häufiger spekuliert, ob es nicht zu viel Heroin oder LSD waren, die ihn nicht mehr auftauchen ließen, sondern eine menschliche Hand. Und der Film liefert auch die psychologisch aufbereitete Erklärung: Es war die Rache des gedemütigten Bauunternehmers Frank Thorogood, der in eine sklavische Abhängigkeit zu dem genialen Musiker verfallen war und nicht verkraftete, dass Jones ihn nicht mehr sehen wollte.

Mordtheorie erhärtet

Elf Jahre hat Regisseur und Drehbuchautor Stephen Wolley für sein Regiedebüt recherchiert. Wolley, der bereits als Produzent für Filme wie "Absolute Beginners" und "The Crying Game" gearbeitet hat, stützt seine Mordtheorie vor allem auf die Aussagen der zwei Frauen, die an dem Todesabend anwesend waren: Brian Jones' damalige Freundin Anna Wohlin und die Krankenschwester Janet Lawson. Nachdem ein Privatdetektiv sie ausfindig gemacht hatte, brach sie ihr Schweigen und berichtete, was damals tatsächlich geschah. Angeblich hat Frank Thorogood 1993 auf dem Sterbebett gebeichtet, dass er nach einem Streit ums Geld Jones unter Wasser gedrückt hatte.

Authentisches Montagematerial

Diese Mordtheorie ist allerdings auch das Spannendste an dem Film. Wolley bemüht sich zwar, den genialen Musiker jenseits der Bühnenöffentlichkeit in all seinen Facetten zu zeigen: mal süß, naiv und charismatisch, aber viel öfter total zugedröhnt, paranoid, von Verfolgungs-, Versagungsängsten und Zweifeln zerrieben und süchtig nach Aufmerksamkeit, die er bei Mangel mit Drogen kompensierte. Die Geschichte wird eingebunden in das Lebensgefühl von damals. Es sind originale Filmausschnitte von Auftritten der Stones zu sehen, Jones' aufwändiger Lebensstil mit seinem Faible für opulente Optik wird gezeigt. Seine ausgefallenen Fummel, seine Perücken, Schals, Hüte und Juwelen. Seine zahlreichen Affären zu schönen Frauen wie Anita Pallenberg, sein angespanntes Verhältnis zu Keith Richards und Mick Jagger.

Mischung aus "Mord im Pfarrhaus" und "Hair"

Was dabei rauskommt, ist allerdings eine holprige Montage, es fehlt eine einheitliche Ästhetik. Obwohl der Kontrast durchaus beabsichtigt ist, lässt er den Film zu sehr zersplittern: Der ständige Wechsel von den beinahe surreal anmutenden Flower-Power-Einschüben zu den realistisch gedrehten, statischen und beinahe schon beklemmenden Aufnahmen im Landhaus "Cotchford Farm" ist zu abrupt. Als ob Agathas Christies Verfilmung von "Mord im Pfarrhaus" mit Szenen des Musicals "Hair" aufgepeppt würde. Noch dazu haben die Filmemacher die Tatsache reichlich ausgeschlachtet, dass Brian Jones von Sex besessen war, und keine Gelegenheit ausgelassen, nackte Körper vor, nach und während des Liebesakts zu zeigen. Daneben bleiben die Dialoge platt und hölzern. Leo Gregory in der Hauptrolle gelingt es kaum, das Charisma von Brian Jones zu transportieren, seine Schönheit, aber auch seinen totalen Verfall zu verkörpern.

Zeit- und Stimmungsdokument für Musikfans

Trotzdem - für Musikfans ist "Stoned" ein spannendes Zeitdokument. Und wer genau hinhört, wird merken, dass die Songs der Stones nie wieder solch Intensität wie mit Brian Jones erreichten, der Glück als langweilig empfand und lieber im Exzess zugrunde ging, als in Langeweile zu leben. Frei nach dem Ur-Rock´n´Roll-Motto: Live fast, die young.

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