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Berlinale Die Clooney-Aufklärungs-Show

Der zweite Tag der Berlinale stand ganz im Zeichen des George Clooney: Er stellte sein neues, äußerst ambitioniertes Werk vor: "Syriana", ein gewagter, US-kritischer Thriller um Ölgeschäfte und Spionage im Nahen Osten.
Von Kathrin Buchner

Tosenden Beifall erntete "Syriana" nach der Vorführung, der Saal, in dem die anschließende Pressekonferenz statt fand, platzte aus allen Nähten, die Fotografen schrieen sich die Kehle nach ihm aus dem Leib, und Berlinale-Chef Dieter Kosslick ließ es sich nicht nehmen, ihn höchstpersönlich auf das Auditorium zu geleiten: Auch für seine Fans am roten Teppich nahm er sich viel Zeit für Autogramme.

Eigentlich war George Clooney schon am Donnerstag in Berlin angekommen, hatte sich aber dezent zurückgehalten und war in seinem Hotel, dem Regent am Gendarmenmarkt geblieben, um den Stars des Eröffnungsfilms "Snow Cake" Sigourney Weaver und Alan Rickmann nicht die Show zu stellen. Am zweiten Berlinale-Tag drehte sich dann aber alles um den charmanten Hollywoodstar. Willkommen zur altbekannten George-Clooney-Show, die daraus besteht, dass jede Menge Journalisten, vor allem weibliche, den Hollywood-Beau mit mehr oder weniger pikanten Fragen und Avancen herausfordern, auf die der 44-Jährige in bewährt charmanter Art spontan einging.

Clooney ein politisch interessierter Mensch

Aber Clooney ist Profi genug, als dass er sich von langhaarigen brünetten Berliner Lokalreporterinnen, die ihn mit einer Flasche Martini zum Stadtrundgang verführen wollen, von seiner Mission abbringen lassen würde. Und die lautet: Wie bringt man möglichst viele Menschen dazu, für einen sperrigen und sehr ambitionierten Film ins Kino zu gehen.

Und dafür macht er sich das PR-Spielchen bereitwillig mit. Lässt sich von einer ganz in Rose gekleideten Dame vom ZDF großzügig attestieren, er habe sich seit dem letzten Interviewtermin "entwickelt" und konterte auf die Frage, ob er das gute Gewissen Hollywoods sei, schlagfertig, "nein, ich will möglichst viel Geld machen", um sogleich wieder den Bogen zum Inhalt des Filmes zu spannen. Schließlich liege es ihm sehr am Herzen, die Möglichkeit zu nutzen, die sich ihm als Künstler biete: Nämlich interessante Stoffe zu verfilmen, nicht Schwarz-Weiß-Malerei zu betreiben, sondern verschiedene Standpunkte zu reflektieren. Große Hoffnungen, damit etwas zu bewirken, habe er zwar nicht, aber er sei "Optimist", so Clooney. In aktuelle politische Diskussionen würde er sich zwar nicht einmischen, aber er sei von jeher ein politisch interessierter Mensch, "meine Mutter war Bürgermeisterin und mein Vater kandidierte für den Kongress".

Zwei Jahre am Drehbuch gefeilt

Immerhin hat er für die Rolle des alternden CIA-Agenten Bob Barnes 35 Pfund zugenommen und sich einen Vollbart wachsen lassen. Traurig mache es ihn allerdings, wenn er daran denke, wie schnell er zugenommen habe. Mit dem Abnehmen hatte er es allerdings genauso eilig. Sein Diätrezept: "Viele Drogen, Kokain - nein Spaß beiseite, weniger essen, Diät machen, viel Gymnastik und Sport."

Auf die Frage, welche Oscars er vergeben würde, wenn er drei zur Verfügung hätte, erwiderte er für Drehbuch und Nebendarsteller und frotzelte weiter, dass er zweifle, noch einen dritten für solch einen Stoff zu bekommen, schließlich hätten sie keinen Film über Cowboys gedreht, und die würde ja seit "Brokeback Mountain" hoch im Kurs stehen. Allerdings würde schon einen Nominierung helfen, damit möglichst viele Menschen sich den Film im Kino ansehen.

Zwei Jahre wurde allein an dem Drehbuch gefeilt um die fünf verschiedenen Handlungsstränge zu entwickeln, erzählt Regisseur Stephen Gaghan. An über 200 verschiedenen Orten fanden die Dreharbeiten statt, es wurde ein monumentaler Aufwand für dieses gigantische und sehr ambitionierte Projekt betrieben. Dass die Studiobosse nicht einfach so das Geld auf den Tisch gelegt hätten, wenn Stichworte wie "amerikanische Außenpolitik", "Öl" und "Naher Osten" falle, sei klar, sagte Gaghan. Natürlich hätte die Namen Clooney und Matt Damon geholfen.

Ein zu Scherzen aufgelegter Spitzbube

Aber Warner Brothers habe sich auch extrem großzügig gezeigt. Sie hätten zwar einige Zugeständnisse machen müssen, aber alles in allem waren sie in der Lage, sowohl teils sehr US-kritische Statements unterzubringen und auch die Menschen im Nahen Osten unzensiert ihren Standpunkt vertreten lassen zu können. "Die ewige Schwarz-Weiß-Malerei hat uns genervt, wir wollten alle Seiten zu Wort kommen lassen", so Stephen Gaghan. Dafür sind er und Drehbuchautor Andrew Eaton durch den Nahen Osten gereist, dieses Region, für die der wahre Bob Barnes, der als Vorbild für Clooneys Rolle diente, so eine tiefe Liebe entwickelt hat.

Bei aller Schwere und Brisanz dieses hochkomplexen und - ungewöhnlich für Hollywood - völlig kitsch- und actionfreien Werks -, als ein dänischer Reporter ihn auf den Streit um die Mohammed-Cartoons kam, konnte sich Clooney einen Witz nicht verkneifen. Er hielt und meinte, er hätte hier einen interessante Skizze angefertigt, ob er die mal in die Kamera halten solle. Und zauberte sein charmantestes Lächeln ins Gesicht. Ein Spitzbube, durch und durch. Aber zumindest dient es der Völkerverständigung, denn auch Pressevertreter aus islamischen Ländern nahmen den Film wegen seiner ausgewogenen Darstellung zumindest auf der Pressekonferenz der Berlinale durchaus positiv auf.

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