Ewan McGregor im Interview "Wir telefonieren jeden Tag mit Polanski"

"Der Ghostwriter" heißt der neue Film von Roman Polanski. Ewan McGregor spielt die Hauptrolle und verrät im Interview mit stern.de, wie es ist, ohne Regisseur Premiere zu feiern.

Mister McGregor, gucken Sie sich Ihre Filme eigentlich an?
Nein, eher nicht. Nur für die Pressearbeit, damit ich weiß, wovon ich rede, weil ein Film manchmal am Ende auf der Leinwand nicht der eigenen Vorstellung im Kopf entspricht. Ich sehe ihn auch noch bei der Premiere, weil ich es aufregend finde, zwischen den Leuten zu sitzen. Danach aber nie wieder. Oder Moment: Kürzlich habe ich meinen zwei kleinsten Kindern "Moulin Rouge" gezeigt. Der Film ist fast zehn Jahre her, und ich war schockiert! Was habe ich denn da gemacht?! Der Charakter sollte ja naiv sein, aber verdammte Scheiße, ich war wirklich naiv! (lacht)

Hat die Endfassung von "Der Ghostwriter" Ihrer Vision im Kopf entsprochen?


Die hat mir gut gefallen. Auf der Premiere hier in Berlin war es schwierig, ihn zu gucken, weil ich mir der Reaktionen der Leute um mich herum so bewusst war, ob sie lachen oder nicht, dann die Untertitel, und weil es ein Festival ist, ist es eh anders. Aber als ich den Film in Los Angeles nur mit meiner Frau und ein paar Freunden gesehen habe, da war ich wirklich beeindruckt. Meine einzige Sorge nach dem Dreh war, ob er spannend genug ist. Es gibt keine richtige Action, keine Verfolgungsjagden oder Kampfszenen. Das, was Thriller heute ja meist ausmacht. Aber als ich ihn dann gesehen habe, war ich erleichtert. Polanski hat ja Regie geführt, deshalb ist er voller Spannung und Drama.

Sie haben gesagt, das Drehen mit Roman Polanski sei sehr anstrengend gewesen. Warum?


Er ist fordernd. Er weiß ganz genau, was er da macht. Und nur weil er selbst Schauspieler war, geht er nicht sanfter mit uns um. Ganz im Gegenteil: Weil er weiß, wie es geht, verlangt er mehr.

"Der Ghostwriter"

"Der Ghostwriter" ist ein Politthriller über einen Schriftsteller (Ewan McGregor), der die Biografie des britischen Ex-Premierministers Andrew Lang (Pierce Brosnan) zu Papier bringen soll. Als er mit der Arbeit beginnt, erfährt er nicht nur, dass Lang sich wegen Kriegsverbrechen verantworten muss, sondern auch, dass er einen Vorgänger hatte, der unter mysteriösen Umständen ums Leben kam. "Der Ghostwriter" ist der neue Film von Roman Polanski, der wegen eines ausstehenden Verfahrens in seinem Schweizer Chalet im Gewahrsam sitzt, bis über eine Auslieferung in die USA entschieden wird. Polanski soll in den 70er Jahren ein junges Mädchen missbraucht haben. Die Dreharbeiten zu "Ghostwriter" begannen im Januar 2009 in Babelsberg und auf Sylt. Polanski war im September vergangenen Jahres in der Schweiz festgenommen worden. Der Film wurde fertiggestellt, indem seine langjährige Crew weiterarbeitete und der Regisseur über die Anwälte die aktuellen Versionen erhielt, um Korrekturen zu veranlassen.

Ist es nicht gruselig, wie im "Ghostwriter" die Kunst das Leben zu imitieren scheint? Die Presse macht Jagd auf den Politiker Andrew Lang und ganz real steht Polanski am Pranger.
Es gibt ein paar Szenen, in denen Blair... uuups Lang (lacht) Freudsche Fehlleistung... wo es darum geht, dass Lang wegen Kriegsverbrechen vor Gericht gestellt werden soll. Und sein Anwalt sagt: 'Es ist in Ordnung, so lange Sie in Amerika bleiben. Sie können nicht ausgeliefert werden, weil die USA den Internationalen Gerichtshof nicht anerkennen'. Das spiegelt schon Roman Polanskis Situation wider, weil er sich ja seit den 70ern nicht in Großbritannien oder den USA aufhalten konnte. Aber es war am Set nicht Thema, und Polanski hat auch keinen Bezug darauf genommen. Zudem stammt diese Szene aus dem Buch, und das wurde vor drei Jahren geschreben, bevor (der Autor) Robert Harris überhaupt davon träumen konnte, dass Polanski es einst verfilmen würde. Aber ja, natürlich fühlt es sich jetzt anders an.

Haben Sie Kontakt zu Polanski?


Er ist ein Vollblut-Regisseur. Es ist sein Film. Wir spielen darin nur winzige Rollen. Er hat alle Fäden in der Hand. Dass er nicht hier sein kann, ist sehr sonderbar. Wir rufen ihn jeden Tag an, um zu sagen, wie es läuft.

Wie ist Ihre Meinung zu den Vorwürfen und der drohenden Auslieferung?


Ich habe kein Interesse daran, eine zu äußern. Es hat nichts mit meiner Arbeit mit Polanski zu tun. Ich kenne ihn erst seit vergangenem Jahr. Ich war entsetzt über seine Verhaftung, denn ich mag ihn und finde die Vorstellung, dass er im Gefägnis sitzt, nicht angenehm. Und für seine Kinder tut es mir leid.

Ihre Rolle des Ghostwriters ist unpolitisch. Sind Sie es auch im wahren Leben?


Ich interessiere mich für die Welt und wie sie funktioniert, aber nicht für Parteipolitik. Ich mag keine Politiker. Ich lese auch nicht über sie. Ich habe es versucht, kann es aber nicht. Das ist zu langweilig.

Müssen Sie eigentlich noch vorsprechen, um eine Rolle zu kriegen?


Bei dem Film hier nicht. Da wurde mir einfach das Drehbuch geschickt. Manchmal schon noch, aber tatsächlich nicht mehr so oft.

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