Der Psychothriller "Anatomie eines Skandals" basiert auf dem gleichnamigen Bestseller von Sarah Vaughan. Es geht um eine britische Frau namens Sophie (Sienna Miller), deren prominenter Ehemann James Whitehouse (Rupert Friend) beschuldigt wird, eine Parlamentsmitarbeiterin vergewaltigt zu haben, mit der er zuerst eine Affäre hatte. Ein Zusammenbruch in der Öffentlichkeit und eine drohende PR-Krise bedrohen die Integrität der Regierung von Westminster und reißen Sophies Familie in den Abgrund.
Die Serie wirkt dabei erschreckend realistisch und erinnert an Skandale, die im wirklichen Leben in Regierungen auf der ganzen Welt passiert sind. Und tatsächlich: "Anatomie eines Skandals" basiert auf wahren Ereignissen.
"Anatomie eines Skandals" basiert auf wahren Ereignissen
Die sechsteilige Serie beruht zwar nicht auf einer einzelnen wahren Geschichte, wurde aber von zwei realen Ereignissen inspiriert, die in den 2000er und 2010er Jahren die britischen Nachrichten beherrschten.
Die Autorin des Romans, Sarah Vaughn, arbeitete zuvor als politische Reporterin, wo sie über mehrere Rücktritte von Kabinettsministern im Zuge schockierender Skandale berichtete. Dabei erfuhr sie, wie diese Ereignisse innerhalb des Kabinetts gehandhabt wurden. In einem Interview mit "The Guardian" verriet Vaughan, dass es vor allem zwei Fälle waren, die sie zu ihrem Buch "Anatomie eines Skandals" inspirierten. Der erste war der Skandal im Jahr 2004, in den der spätere Premierminister Boris Johnson verwickelt war, der damals für die konservative Tory-Partei als Vize-Parteichef agierte. Er bestritt, eine außereheliche Affäre mit der Kolumnistin Petronella Wyatt gehabt zu haben, und bezeichnete die Anschuldigungen als "eine umgedrehte Pyramide aus Schwachsinn". Doch als sich die Berichte als wahr herausstellten und Johnson sich trotzdem weigerte zurückzutreten, wurde er von Parteichef Michael Howard entlassen.
Vaughan erklärte, dass James in "Anatomie eines Skandals" zwar nicht auf Johnson selbst basiert, dass aber der Umgang des jetzigen Premierministers mit der Wahrheit seine Figur am meisten inspiriert hat. "Wie Theresa May es im Unterhaus ausdrückte, hat er entweder die Regeln nicht gelesen, oder er hat sie nicht verstanden, oder er war der Meinung, dass sie nicht auf ihn zutreffen", sagte sie.
Vaughan erklärte gegenüber "Exploring Exeter", dass ihr Buch auch vom Fall des Fußballspielers Ched Evans aus dem Jahr 2014 inspiriert wurde, der 2011 wegen der Vergewaltigung einer 19-jährigen Frau verurteilt wurde. Er verbüßte die Hälfte seiner Strafe, bevor Evans ein Wiederaufnahmeverfahren zugestanden wurde, in dem das Gericht neue Beweise von zwei Zeugen zuließ. Die Zeugen behaupteten Einzelheiten über die sexuellen Vorlieben der Frau und sie wurde daraufhin aufgefordert, vor Gericht ausführlich darüber zu sprechen. Evans wurde für nicht schuldig befunden.
"Ich war bestürzt über die Art und Weise, wie das angebliche Vergewaltigungsopfer von den Kommentatoren dargestellt wurde, und begann darüber nachzudenken, wie schrecklich es sein muss, den Mut aufzubringen, mit einer Vergewaltigungsverurteilung vorzutreten und dann in den Zeitungen und vor Gericht in Zweifel gezogen zu werden", sagte sie der Publikation. Der Fall ereignete sich kurz vor dem Aufkommen der #MeToo-Bewegung, also in einer Zeit, in der über geschlechtsspezifische Ungleichheiten, Belästigung und Kontrolle nicht annähernd so viel gesprochen wurde.
Diese beiden Ereignisse verarbeitet Vaughn nun in "Anatomie eines Skandals", das die Auswirkungen eines solchen Falles auf alle Beteiligten beleuchtet, auch auf diejenigen, die nie in den Zeugenstand treten.
Quellen: "Exploring Exeter", "Marie Claire", "The Guardian"