Oldham Athletic würde ja gerne diesen Spieler verpflichten, schließlich ist er ein guter Stürmer. Einst sagten ihm Medien eine famose Zukunft voraus, er kickte bereits für Manchester City, erzielte später bei Sheffield United 42 Tore in 103 Spielen. Doch mit Ched Evans, 26, gibt es ein Problem.
Erst im Oktober des vergangenen Jahres stapfte Evans aus dem Gefängnis heraus, dort hatte er seit April 2012 gesessen - weil er zuvor eine 19-jährige Frau in einem Hotel in Wales vergewaltigt hatte. Evans ist also kein "normaler" Fußballprofi, den man als englischer Drittligist wie Oldham Athletic einfach so verpflichten könnte. Wenn man als Verein auch nur daran denkt, Evans einen Vertrag anzubieten, schwebt immer die Frage nach der Moral über den Köpfen der Verantwortlichen. In Oldham dachten sie dennoch über Evans nach. Und nun diskutiert halb England darüber, ob das vertretbar ist.
"Ched Evans ist ein überführter Vergewaltiger"
An die Spitze der Bewegung gegen Evans hat sich eine Frau mit dem Pseudonym Jean Hatchet gesetzt. Sie will nicht hinnehmen, dass Oldham Evans verpflichtet und hat eine Internet-Petition ins Leben gerufen. Mittlerweile unterstützten über 50.000 Menschen (Stand Dienstag, 6.1., 18.30 Uhr) den Protest. "Ched Evans ist ein überführter Vergewaltiger. Er verdient es nicht, eine profilierte Rolle als Fußballprofi einzunehmen", schreibt Hatchet in ihrer Botschaft an die Vereinsverantwortlichen.
Entscheidend ist für Hatchet vor allem, dass Evans bislang kein Zeichen der Reue zeigte. Er streitet die Beschuldigungen weiter ab - hat sich mit keinem Wort bei der Betroffenen oder den Angehörigen entschuldigt. Evans sagt, der Sex mit der Frau im Hotelzimmer sei einvernehmlich geschehen. Das Gericht urteilte anders. Die junge Frau sei zu betrunken gewesen, um einzuwilligen, hieß es unter anderem in der Urteilsbegründung.
Sponsoren rücken vom Verein ab
Auch Sponsoren des Vereins sind überhaupt nicht begeistert darüber, dass Oldham mit Evans liebäugelt. Sie drohen damit, ihr Engagement zu beenden, sollte der Transfer stattfinden.
Evans' alter Arbeitgeber Sheffield United hatte bereits kurz nach der Haftentlassung überlegt, den Stürmer zu verpflichten. Damals kam es im Zuge der Diskussionen zu Rücktritten in der Vorstandsebene. Auch damals hatte Hatchet eine Petition gestartet, es kamen 160.000 Unterschriften gegen Evans zusammen.
Medien sind sich einig in ihrer Empörung
Doch es gibt auch Unterstützung für Evans. Der Tenor: Warum sollte er nicht resozialisiert werden - und seinem alten Beruf nachgehen? "Ich hoffe, er unterschreibt, er hat seine Zeit abgesessen, und sollte nun wieder spielen dürfen" schreibt ein User auf Twitter. Auch Gordon Taylor, der Präsident der Vereinigung der Profifußballer in England (PFA), schlägt einen neutralen Kurs ein: "Wenn wir bedenken, was alles passiert ist nach Evans Entlassung und dann natürlich mit dem Furor, den wir bei Sheffield United gesehen haben, glauben wir, dass jeder Klub, der ihn verpflichten möchte, es zu 100 Prozent aus echten und seriösen fußballerischen Gründen tut", sagte er der BBC.
Die britischen Medien stehen derweil auf der Seite der Empörten. "Sportstars, die wegen Vergewaltigung verurteilt sind, kehren als Helden auf das Feld zurück. Gäbe es Gerechtigkeit Frauen gegenüber, wäre Vergewaltigung ein Verbrechen, das uns alle vom Täter abwenden ließe", kommentiert die Wochenzeitung "New Statesman" den Fall. Der Telegraph schreibt: "Schämt euch, Oldham, dass ihr überhaupt über Evans nachdenkt. Clubs haben eine Vepflichtung, Zeichen zu setzen und sollten keinen überführten Vergewaltiger einstellen, der noch dazu keine Zeichen der Reue zeigt."
Entscheidung steht noch aus
Der Verein hat sich noch nicht endgültig entschieden. Frühestens am Mittwoch wollen die Clubbosse eine Mitteilung zur Causa Evans veröffentlichen.
Die Anzahl der digitalen Unterschriften gegen Evans fußballerische Resozialisierung dürfte bis dahin wohl - wie damals in Sheffield - in die Hunderttausende gehen.