Cannes 2003 Cannes im Zeichen des Terminators

Kampfroboter bewachten das feine Carlton-Hotel, ein martialischer Vorbau aus Aluminium versprach einen gewaltigen Auftritt: Es war T-Day in Cannes. T wie "Terminator".

Am Samstag war T-Day in Cannes, der Tag des "Terminators". Arnold Schwarzenegger persönlich zeigte sich seinen Fans, um für den Anfang August startenden "Terminator 3" zu werben. Obwohl die Branche während des Festivals nur einen siebenminütigen Ausschnitt des Films zu sehen bekommt, stahl "Arnie" aus Österreich dem ohnehin noch sehr ruhig verlaufenden Wettbewerb die Show. Die Inszenierung setzte sich auch am Abend auf der gigantischen Party des Musiksenders MTV fort. Manche Besucher zuckten in den labyrinthischen Rundgängen der Betonblasen-Villa des Modemachers Pierre Cardin erschreckt zusammen, weil eine grimmige "Terminator"-Action-Figur hinter den Bullaugen-Fenstern lauerte. Derweil mischte sich Schwarzenegger freundlich lächelnd kurz unter die Feiernden - unnahbar umringt von mindestens 20 Bodyguards.

Schulmassaker im Kino

Am selben Tag lief der Film "Elephant" im Wettbewerb, im dem zwei halbstarke Schüler schwer bewaffnet in ihrer High-School wie in einem Action-Film Menschen töten. "Das Wichtigste ist: Hab Spaß!", sagt einer der beiden vorher zu seinem Freund im Kampfanzug. Doch was dem Oscar-Preisträger Michael Moore mit seiner furiosen Dokumentation "Bowling for Columbine" über den amerikanischen Waffenwahn im letzten Jahr in Cannes gelungen ist, kann sein Landsmann Gus Van Sant mit "Elephant" nicht erreichen. Sein Beitrag wirkte wie ein guter, aber leichtgewichtiger Schülerfilm mit Kunstanspruch.

Müder Michael-Moore-Abklatsch

Gus Van Sant, der zuvor mit Jugendgeschichten wie "My Own Private Idaho" oder "Good Will Hunting" überzeugen konnte, sagte selbst: "Wir wollten nichts erklären." Aber er habe dennoch irgendwie eine Erklärung für das finden wollen, das nicht notwendigerweise erklärt werden kann. Und so bietet "Elephant" bekannte Muster und Stereotypen: Die beiden Täter sind sensible Außenseiter, die von Mitschülern gequält werden. Sie spielen Killerspiele am Computer, fühlen sich diffus zu Adolf Hitler hingezogen, bestellen sich die Waffen problemlos im Internet und haben kaum Kontakt zu ihren Eltern. So wird der Blick auf Wahnsinnstaten wie das ein Jahr zurückliegende Massaker an einem Gymnasium in Erfurt nicht erweitert.

Thema Leid und Einsamkeit

Leid lastet schwer auch auf vielen anderen Protagonisten der Filme im Wettbewerb. So ist beispielsweise "Uzak" (Weit entfernt) des türkischen Regisseures Nuri Bilge Ceylan eine unspektakuläre, aber präzise Studie über die Einsamkeit. Ein älterer, geschiedener Fotograf muss in seiner Wohnung in Istanbul einen Neffen aus seinem Heimatdorf aufnehmen. Der arbeitslose junge Mann sucht vergebens einen Job auf einem Schiff. Obwohl sie in einer Wohnung zusammen leben, gibt es keinen Moment persönlicher Offenheit oder Nähe zwischen den Männern. Jeder hängt eigenen Sehnsüchten nach.

Freundliche Aufnahme für Kiez-Drama

Während der Wettbewerb noch keinen deutlichen Favoriten für die Goldene Palme am kommenden Sonntag gesehen hat, kam der in Hamburg gedrehte Film "Kleine Freiheit" von Yüksel Yavuz glänzend an. Das Kiez-Drama läuft in der Reihe "Quinzaine des réalisateurs". Nach den Vorführungen gab es langen Beifall und viel Lob für den in St. Pauli lebenden türkischen Kurden Yavuz und sein Team. "Kleine Freiheit" erzählt spannend und authentisch von zwei 16-Jährigen, der eine ist Kurde, der andere Schwarzafrikaner. Sie leben schon lange in der Hansestadt, aber nachdem ihre Asylanträge abgelehnt wurden, droht die Abschiebung.

"Keine glatten Themen"

Regisseur Yavuz will in seinem dramatischen Film ein "anderes Gesicht von Hamburg und von Deutschland" zeigen. "Ich mag keine glatten Themen", sagt der 39-Jährige, der nach dem Studium in Hamburg schon mit seinem ersten Spielfilm "Aprilkinder" (1998) etliche Preise gewonnen hat.

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