Die Sonne strahlte am ersten Tag der 56. Filmfestspiele von Cannes. "Viva il Cinema" heißt das Motto des Festivals - es lebe das Kino. Und genau mit diesem Gefühl spazierte man über die erwachende Croisette, wo es am frühen Mittag noch freie Plätze in den Cafés gab und noch keine Kameras oder Menschenmassen den Blick auf das Meer versperrten. Man konnte noch in Ruhe genießen, die prächtigen Yachten am Hafen bewundern, wenn man denn zu den wenigen Glücklichen zählte, die es trotz des landesweiten Streiks und 80 Prozent gestrichener Flüge geschafft hatten, pünktlich an der Côte d'Azur anzukommen. Dann zeigte Direktor Gilles Jacob seine halbstündige Ouvertüre, eine Art Heimkino aus der Geschichte des Festivals mit Bildern von Stars, charmanten Pleiten und rührseligen Reden, und man freute sich bei diesem Rückblick auf den großartigen Wahnsinn, der hier auch die nächsten zehn Tage wieder herrschen wird.
Mit guter Laune und lockerer Unterhaltung sollte auch das Programm beginnen, mit "Fanfan la Tulipe" als Eröffnungsfilm. Lustig ist das Mantel-und-Degen-Remake allerdings nicht, nur albern. Ein Kasperle-Theater im 18. Jahrhundert, wo der König ein bisschen Krieg spielt, ein mutiger Frauenheld (Vincent Perez) die Idylle aufmischt und sich nebenbei in die schöne Tochter eines Militär-Sergeanten (Penelope Cruz) verliebt. Vielleicht muss man das Original von Jean Cosmos aus dem Jahr 1952 kennen (mit Gérard Philippe und Gina Lollobrigida), ein Klassiker in Frankreich, oder Fan der Erfolgskomödie "Taxi" und "Taxi 2" von Luc Besson und Gérard Krawczyk sein, um dem Humor ihres neuen Werkes zu erliegen.
Größeres Unverständnis als der Film löste dann nur noch Penelope Cruz auf der Pressekonferenz aus, als sie mit charmantem Lächeln erklärte, dass Tom Cruise sie nicht nach Cannes begleiten konnte. "Er arbeitet", sagte sie kurz, kein Wort mehr, was die Spekulationen zu einer Cruz-Cruise-Krise im Laufe des Tages anheizte.
Am Abend dann das gewohnte Bild: Zur Galavorführung drängten sich die Schönen und Reichen vorbei an hunderten Schaulustiger und Fotografen über den roten Teppich. Prinz Albert von Monaco war dabei, Andie MacDowell, aus Deutschland die Staatsministerin für Kultur, Christina Weiss, ein schlecht gelaunter Patrice Chéreau samt seiner Jury (u.a. Steven Soderbergh, Jean Rochefort, Meg Ryan mit neugestalteten Lippen, Aishwarya Rai, indische Schauspielerin und neuer Kameraliebling), und Penelope Cruz. Wenn auch leider ohne Tom. Dafür hatte sie ihren Fotoapparat dabei, um Gina Lollobrigida zu knipsen, denn die hat schließlich vor über einem halben Jahrhundert schon einmal "Fanfan La Tulipe" präsentiert.