AC/DC: Family Jewels
Heute warnen die Eltern ihre Kinder vor den bösen Texten des Rappers Eminem. Vor 30 Jahren fürchteten die Eltern der vorangegangenen Generation noch die australische Rock-Formation AC/DC wie den Teufel.
Die 1973 von Malcolm Young gegründete Band hatte zu Beginn ihrer Karriere nur wenig Erfolg. Wichtig für die Entwicklung der Band war der späte Eintritt von Malcolms jüngerem Bruder Angus Young, der stets in einer viel zu eng geratenen Schuluniform auftrat und an der Gitarre völlig ins autistische Delirium abdriftete. Doch erst als der Sänger Bon Scott zu AC/DC stieß, schaffte es die Formation, die Fans richtig zu rocken. Das Debutalbum "High Voltage" und auch der Nachfolger "TNT" gingen ab wie Schmidts Katze. Schon bald waren die harten Rocker in allen Aussie-Clubs gerne gesehen - und eroberten nach und nach auch die Kontinente außerhalb von "Down under". Vor allem Bon Scotts rauchige Stimme, die zweideutigen Texte und die noch heute sensationell klingenden Gitarrenriffs machten die ganze Welt AC/DC-süchtig. Selbst heute, über 30 Jahre nach der Gründung, ist die Gruppe noch immer ein echter Hallenfüller. Und das, obwohl Bon Scott am 19. Februar 1980 besoffen an seinem eigenen Erbrochenen starb. Nachfolger Brian Johnson schaffte es mit einer ganz ähnlichen klingen Stimme aber schnell, den alten Leadsänger abzulösen. Und das so überzeugend, dass die AC/DC-Fans noch heute erbittert darüber diskutieren, wer denn wohl der bessere Sänger sei - Johnson oder Scott.
In den letzten Jahren sind bereits einige Video-DVDs mit Konzertmitschnitten der Band erschienen. "Stiff Upper Lip Live" bietet etwa einen sensationellen Sound und ganz erlesene Bilder.
Von diesen Qualitätsansprüchen muss man sich leider verabschieden, wenn man sich als Fan für die Anschaffung der Doppel-DVD "Family Jewels" entscheidet. Die Scheibe packt in der Tat die Familienjuwelen der australischen Band aus, bietet aber nur griesiges Bildmaterial mit einem relativ unspektakulären Stereo-Sound.
Das wird die Fans aber nicht davon abhalten, diese beiden DVD-Scheiben zu lieben. Sie sammeln nämlich absolut rares Material aus der Schaffensperiode der Band von 1975 bis 1993, darunter Live-Performances, Promo-Clips und Fernsehauftritte. Bislang mussten Fans viel Geld auf den Tisch legen, um diese Auftritte zu sehen. Jetzt sind sie alle auf einer gut zusammengestellten Doppel-DVD zu finden - und das auch noch in chronologischer Zusammenstellung und zu einem fairen Preis.
Es macht Spaß, sich die einzelnen Beiträge nacheinander anzuschauen. So bekommt man schnell ein Gefühl für die Entwicklung der Band über die Jahrzehnte. Möglich ist es auf den Scheiben auch erstmals, die Auftritte von Bon Scott und Brian Johnson direkt miteinander zu vergleichen. Fast schon tragisch wirken natürlich die letzten Auftritte von Bon Scott im Jahr 1979 und 1980, kurz bevor er an seinen Alkoholexzessen verstarb.
Echter Wahnsinn ist es natürlich, alle AC/DC-Hits seit 1975 in neuen Live-Versionen zu hören. "It's A Long Way To The Top", "T.N.T.” und "Highway To Hell” sind hier ebenso vertreten wie die späten Hits à la "Hells Bells", "Back In Black” oder das geniale "For Those About To Rock”.
Die akustische und optische Qualität des Materials nimmt auf der zweiten DVD stetig zu. Je aktueller die Clips werden, desto besser ist auch die technische Umsetzung. Trotzdem darf man sich wünschen: Diese raren Clips in vollwertigem DTS, das wäre das pure Glück auf Erden.
Übrigens: Aufgrund der harten Texte der Songs sind die "Family Jewels" erst ab 16 Jahren freigegeben.
Sony Music, DD 2.0, 173 Minuten, 23 Euro
David Byrne: Live Union Chapel
Dem 1952 geborene Schotten David Byrne haftet seit Jahren der Ruf des Exzentrikers an. Das ist sicherlich eine völlig falsche Bezeichnung für einen Musiker, der einfach nur Spaß am Experimentieren hat und der bei all seinen Projekten streng darauf achtet, dass die Qualität stimmt. Erste Lorbeeren hat sich Byrne übrigens als Frontsänger der Formation Talking Heads verdient, mit der er zehn Alben eingespielt und den kultigen Musikfilm "Stop Maing Sense" gedreht hat. Seit 1981 ist Bynre allerdings als Solomusiker unterwegs.
Eines seiner Live-Konzerte als Solist liegt nun auf einer Video-DVD vor. Das Konzert, um das es geht, wurde 2002 in der kleinen Union Chapel in London aufgenommen. Diese Kapelle fasst nur ein paar hundert Zuhörer, sodass der Zuschauer Zeuge eines sehr intimen Konzerts im kleinen Kreis wird - ohne große Lichtspielereien und sonstigen Bühnen-Firlefanz.
Byrne stellt sich entspannt und konzentriert vor seine Fans, um 18 bekannte Songs aus seinem großen Repertoire zu singen. Viele ältere Fans werden noch die Klassiker "And She Was" "Once In A Lifetime", "I Wanna Dance With Somebody" oder "Road To Nowhere” kennen. Andere Songs würde man vom Titel her nicht mehr wiedererkennen, hat sie aber sofort im Ohr, sobald Byrne sie ansingt.
Keine Frage: Es ist schon ein schönes Konzert mit 18 guten Songs, das Warner da auf eine DVD presst. Kritisieren muss man als Zuhörer nur, dass Byrne sehr das Tempo und die Dynamik aus den bekannten Songs nimmt. Das macht das Konzert ruhiger, verhindert aber auch, dass die Zuschauer aus ihren Sitzen springen und begeistert mittanzen.
Optisch ist die Scheibe seht gut geraten. Die Kamera ist immer wieder dicht an Byrne dran und zeigt jede Regung in seinem Gesicht. Immer wieder fangen die Kameras aber auch die Atmosphäre in der alten Kirche mit ihrer schweren Orgel und den riesigen Buntglasfenstern ein. Auch die anderen Musiker und das Publikum werden immer wieder in Kameraschwenks mit in die Show einbezogen.
Akustisch gibt es an der DVD nichts zu bemängeln. Ein klarer Dolby-Digital-5.1-Sound überträgt den Gesang und die Klänge der Instrumente absolut authentisch auf die Boxen des Heimkinos.
Warner Music, DD 5.1, 87 Minuten, 23 Euro
Mary J. Blige: Live from the House of Blues
Mary J. Blige gilt in den USA als einzig akzeptable Nachfolgerin der Soul-Sängerinnen Aretha Franklin oder Diana Ross. Mary J., wie sie von ihren Fans genannt wird, wird am 11. Januar 1971 in der Bronx geboren, wächst dann aber als Kirchenmädchen in Savannah, Georgia, auf. Erst spät zieht die Familie wieder nach New York zurück. Hier verlässt Mary J. früh die Schule und widmet sich ganz der Musik. Ausgerechnet Puff Daddy entdeckt die Sängerin, als er eines ihrer Demo-Tapes in die Finger bekommt. Er nimmt Mary J. unter seine Fittiche und verschafft ihr einen Vertrag. Mit seinen Verbindungen singt sich die angehende Soul-Diva ganz nach oben - und arbeitet dabei mit den Szenegrößen DMX, Wyclef Jean und Busta Rhymes zusammen.
Im Jahr 2003 legte Mary J. bereits ihr sechstes Album "Love & Life" auf. Darauf präsentierte sie einmal mehr einen einzigartigen Mix aus Soul und Hip-Hop.
Von eben diesem Hip-Hop ist auf der DVD "Live from the Hose of Blues" allerdings nicht viel zu hören. Das intime Konzert zeigt Mary J. auf einer kleinen Bühne mit einem rein soul- und blueslastigen Repertoire, das perfekt zu dieser traditionellen Blues-Bühne passt. Voller Energie und mit viel Freude an ihrer Musik stürzt sich die Sängerin in ihre "Arbeit" und singt nacheinander 17 Songs mit einer solchen Inbrunst, dass man um die Unversehrtheit ihrer Lunge und der Stimmbänder fürchten muss.
Mary bringt Songs aus ihren Alben "My Life", "No More Drama" und "Love & Life", darunter den Nummer-1-Hammer "Love No Limit". Besonders interessant ist eine eigene Version des Philip-Bailey-Klassikers "Children of the Ghetto".
Zur großen Überraschung der Besucher hat sich Mary J. sogar noch etwas musikalische Unterstützung mitgebracht. Zu "Whenever I say your name" klettert Sting mit auf die Bühne. Und beim Ausräumer des Abends - "Guess that’s why they call it the blues" - greift Elton John für Mary in die Tasten.
Mit 65 Minuten Dauer ist das Konzert nicht eben lang. Dafür bekommt der Zuschauer aber ein sauberes Bild und einen sehr satten Sound. Das Bonus Feature "The Day with Mary" rundet die Scheibe ab.
Sanctuary, DD 5.1, 65 Minuten, 25 Euro
Rock for Asia
Das Charity-Projekt Rock for Asia wurde ins Leben gerufen, um schnell Geld für all die Kinder in Südostasien zu sammeln, die von der Flutwellenkatastrophe im Dezember betroffen sind. Die DVD zeigt das ganze Konzert, auf dem Bands wie Bonfire, In Extremo, Krypteria, Doro, Crystal Ball und Man Doki Soulmates vertreten waren. Natürlich darf man sich fragen, ob die Popstars-Casting-Band Nu Pagadi zu solch einem Event passt. Die Auftritte von Rockröhre Bonnie Tyler (sensationell gesungen: "Sweet Child Of Mine") und Dire Straits-Frontmann David Knopfler machen aber alle etwaigen Ausfälle wieder wett.
e-m-s, DD 2.0, 10 Euro
Mary J. Blige: live from los angeles
Mary J. gilt als große Diva des Souls - und das ist nicht negativ gemeint. Auf ihrer neuen Live-DVD, die bei einem Konzert in Los Angeles aufgezeichnet wurde, kann sie zeigen, was sie kann. Mary lässt sich nicht lange bitten und spielt 22 Songs, darunter "Love @ first sight" oder "Family Affair". Der mitreißende Song "We are Familiy" ist natürlich der perfekte Ausräumer, um das Konzert abzuschließen. Ein überzeugender Sound, eine gut gelaunte Sängerin und ein lupenreines Bild zeichnen diese Produktion aus.
Sanctuary, DD 5.1, 20 Euro
Bob Marley: Live at the Rainbow
Bob Marley ist schon lange tot. Trotzdem verlangen seine Fans noch immer nach neuen CDs und DVDs vom alten Meister des Reggae. Und Universal-Island-Records kann liefern. Die neue DVD bietet ein Konzert aus dem Sommer 1977, das Bob Marley zusammen mit seinen Wailers im Londoner Rainbow Theatre gegeben hat. 12 Songs sind hier zu sehen und zu hören, darunter "I Shot the Sheriff", "War", "No Woman, no Cry", "Jamming", "Get up, Stand up" und "Exodus". Aber: Das Material ist nicht mehr das jüngste. Trotz DTS gibt es so nur einen durchschnittlichen Sound. Und auch das Bild ist nicht besonders. Dafür ist das Konzert natürlich ein Juwel in der Sammlung aller Fans.
Universal, DD 5.1, 20 Euro
Carsten Scheibe, DVD-Portal Typemania