Miss Watson, stimmt es, dass der neue Film "Harry Potter und der Orden des Phönix" sehr politisch ist?
Viel mehr als die anderen Filme. Es geht um Menschen, die durch Macht korrumpiert werden. Harry kämpft gegen Lord Voldemort und das Zaubereiministerium, und dabei wird offensichtlich, dass es so etwas wie das Gute oder das Böse gar nicht gibt. In jedem von uns existieren helle und dunkle Seiten. Gerade Hermine, die immer Respekt vor Autoritäten hatte, wird nun erwachsen und lernt: Nur weil jemand das Sagen hat, heißt das nicht, dass man deshalb die eigenen Prinzipien ändern und das Denken einstellen sollte. Es geht darum, Anführer infrage zu stellen. Eine sehr zeitgemäße Botschaft, auch wenn ich das fünfte Buch nicht besonders mag.
Gibt es wieder so einen Wow-Moment wie im vorigen Film, als Hermine in einem sexy Ballkleid die Treppen herunterschwebte?
Leider nicht, nicht so viel Girl-Power diesmal. Aber Hermine ist fundamental wichtig für die Freundschaft der drei Hauptfiguren. Sie ist der Leim, der diese tolle Gang zusammenhält. Als keiner Harry mehr traut, alle glauben, dass er nur ein Narr und ein Lügner ist, bemuttert sie ihn richtig.
Sie spielen Harrys Freundin nun schon seit sieben Jahren. Ihr zweites Ich?
Manchmal habe ich tatsächlich das Gefühl, ich hätte zwei Leben, die parallel laufen: das als Emma zu Hause und in der Schule - und das als Hermine und als öffentliche Person. Früher habe ich immer vehement bestritten, dass es zwischen mir und ihr Ähnlichkeiten gibt, etwa den Spaß an der Schule, das Interesse an Büchern. Heute nehme ich das als Kompliment. Sie ist eigentlich ziemlich cool, ein gutes Vorbild für alle jungen Mädchen. Aber was mich immer noch frustriert: Leute, die erwarten, ich wäre wahrhaftig Hermine, und dann überrascht sind, wenn Teile der echten Emma aufblitzen. Mich gibt es wirklich!
Ist diese Figur schauspielerisch überhaupt noch eine Herausforderung für Sie?
Manchmal spiele ich sozusagen auf Autopilot. Dann muss ich mir Mühe geben, dass meine Auftritte echt und frisch wirken. Was mir unheimlich schwer fällt, wenn wir eine Szene zehnmal wiederholen müssen. Deswegen treibe ich alle anderen an, jede Szene möglichst beim ersten oder zweiten Versuch im Kasten zu haben. Daher rührt auch mein alter Spitzname "One-Take-Watson". Sehr schmeichelhaft.
Fühlen Sie sich manchmal ziemlich alt?
Ich werde auf jeden Fall schneller erwachsen als andere. Ich verbringe die meiste Zeit mit Erwachsenen, habe einen Job mit langen Arbeitstagen, trage viel Verantwortung. Andere in meinem Alter jammern oft: Oh, ich möchte älter sein, endlich trinken und Auto fahren. Ich dagegen schätze mein Alter. Ich versuche, mich nicht viel älter zu benehmen oder anzuziehen, als ich bin.
Ein Foto, auf dem Sie eine Bierflasche in die Kamera halten, sorgte dennoch für viel Aufregung ...
Ich behaupte jetzt nicht, ich hätte niemals Bier getrunken. Ich bin in Paris geboren und seit jungen Jahren an Wein gewöhnt. Das Dämlichste an der Sache war: Dieses Bier habe ich nicht wirklich getrunken, nur damit posiert. Ein großer Spaß zwischen mir und einer Freundin, der plötzlich todernst genommen wurde. Die Medien schlugen dann gleich mit diesem ganzen Kinderstar-Kram um sich: Emma offensichtlich Alkoholikerin! Spätestens mit 20 in einer Entzugsklinik! Sehr frustrierend. Ähnlich wie neulich das Getue um "Harry Potter zieht sich aus". Nein, nicht Harry ist nackt, sondern Daniel Radcliffe. Für ein Theaterstück. Kapiert das endlich!
Sie haben Joanne K. Rowling schon mehrmals getroffen. Haben Sie jemals versucht, das Schicksal von Hermine in den Büchern zu beeinflussen?
Meine Güte, nein! Dafür war ich viel zu verlegen. Ich weiß ja, wie das ist, wenn alle ständig nur über deinen Job reden wollen. Ich habe sie nicht mal nach einem Autogramm gefragt. Aber sie hat mir ihr ehrliches Feedback über Hermine gegeben. Sie mag, was ich auf der Leinwand mache, und hat einige sehr reizende Sachen gesagt, die ich hier aber nicht wiederholen möchte. Auf alle Fälle hat mir Frau Rowling sehr bei meiner Entscheidung geholfen, auch in den letzten beiden Filmen mitzumachen. Das ist zwar harte Arbeit und eine enorme Verpflichtung, aber ich bringe das jetzt zu Ende. Es wäre einfach zu schmerzhaft, jemand anders in meiner Rolle zu sehen.