Der Film vereint viele menschliche Leidenschaften in sich: Liebe, Essen, Trinken, Heimat. Vielleicht schafft Regisseur Fatih Akin es deshalb wieder, die Zuschauer mit seinem neuesten Werk "Soul Kitchen" zu berühren, auch wenn dieses Mal kein ernsthafter Film entstanden ist, sondern eine Komödie. Die Jury der Filmfestspiele von Venedig hat er damit bereits überzeugt; sie verlieh ihm im September ihren Spezialpreis. Zum Kinostart am ersten Weihnachtstag kann sich das deutsche Publikum nun selbst ein Urteil bilden.
"Ich hatte das Gefühl, ich bin dieser Stadt noch einen Film schuldig", sagt Akin. "Soul Kitchen" sei als Hommage an seine Heimat Hamburg zu verstehen. Denn Fiktion und Privates gehen im Film eine enge Liaison ein. Das Buch etwa hat Akin zusammen mit seinem alten Freund Adam Bousdoukos geschrieben, der den griechischen Restaurantbetreiber Zinos Kazantsakis spielt und damit auch ein bisschen sich selbst, denn Bousdoukos war neben seiner Schauspielerkarriere lange Zeit selbst Inhaber einer griechischen Taverne.
In "Soul Kitchen" entspinnt sich eine Geschichte um eben diesen Zinos, dessen Freundin Nadine für einen neuen Job nach China zieht und der zu alledem noch einen Bandscheibenvorfall erleidet. In seiner Not engagiert er den exzentrischen Spitzenkoch Shayn, gespielt von Birol Ünel, dem Hauptdarsteller aus Akins Film "Gegen die Wand". Die Ereignisse überschlagen sich, als mit dem neuen Koch die Gäste ausbleiben und zudem Zinos krimineller Bruder Illias aus dem Gefängnis zurückkehrt. Mit Moritz Bleibtreu ist auch diese Rolle mit einem bekannten Gesicht aus Akins Filmen besetzt.
"Ich schreibe vieles auf Schauspieler. Ich weiß oft gar nicht, was zuerst da ist, wie bei der Henne und dem Ei", erklärt Akin. Gerade für die Komödie "Soul Kitchen" sei dieses Verhältnis von enormer Bedeutung gewesen. "Ich bin kein Gag-Schreiber, also funktioniert der Humor oft über bestimmte Situationen, die den Rahmen dafür bieten", sagt Akin. Dabei müsse er sich auf den Wortwitz und das Talent seiner Schauspieler verlassen. Manche Szenen habe er bis zu 30 Mal drehen müssen, bis das Timing gesessen und es wirklich witzig geworden sei. "Es war für mich der unerwartet schwerste Film meiner Laufbahn."
Diese Schwere ist dem Streifen allerdings an keiner Stelle anzumerken. Die Komik wird in der Tat über die schauspielerischen Leistungen von Bousdoukos oder Moritz Bleibtreu transportiert, die im Film als Brüder eine schicksalhafte Verbindung wider Willen eingehen. Birol Ünel als Koch hingegen bleibt seiner tiefsinnigen Art treu und wirkt deshalb in der Umgebung des heruntergekommenen Restaurants trefflich deplaziert.
Mit einem zum Genre widersprüchlichen Setting setzt Regisseur Akin nicht auf kitschige Knalleffekte. Kleidung, Räume und Licht sind in dezenten Tönen gehalten, die winterliche Szenerie im Film erzeugt eher eine melancholische Stimmung, die im Kontrast zur eigentlichen Story steht. "Wir wollten die Leute nicht zum Lachen zwingen", erklärt Akin. Insgesamt entsteht damit ein stimmiges Bild eines skurrilen Mikrokosmos inmitten der vibrierenden Großstadt.
Nebenbei verleiht der Autor seinem Werk eine politische Dimension. Restaurantbesitzer Zinos gerät in all dem Chaos um seine ausgewanderte Freundin und dem neuen Koch auch noch in die Fänge eines Immobilienspekulanten, dessen Figur vertretend für die städtebaulichen Umwälzungen in Hamburg steht. "Wir haben bewusst Drehorte ausgewählt, die es nicht mehr lange geben wird", sagt Akin und meint damit die Bars, Clubs und alternativen Kulturzentren der Stadt, die durch ihre attraktiven Innenstadtlagen von Investorenprojekten bedroht sind. Ein Konflikt, der Hamburg und seine Bürger seit geraumer Zeit beschäftigt.