"The Show Must Go On" - die Show muss weitergehen! Mit diesem Schlachtruf trotzen die Organisatoren der Oscar-Verleihung zurzeit noch allen Unkenrufen, dass die diesjährige Gala dem Streik der Hollywood-Autoren zum Opfer fallen könnte. Doch die Zeichen stehen auf Sturm. Wenn sich die Gilde der Drehbuchautoren Amerikas (WGA) und die mit ihr sympathisierende Gilde der Filmschauspieler (SAG) querstellen, dürfte es um die Mega-Show am 24. Februar geschehen sein.
Damit würde den Streikenden etwas gelingen, was selbst Kriege oder Attentatsversuche auf Präsidenten bislang nicht geschafft haben, wie der für die Oscar-Feier zuständige Fernsehproduzent Gil Cates nicht ohne Zynismus hervorhebt. "Es wäre eine Schande, wenn die Oscars auf diese Weise beeinträchtigt würden", sagt Cates, gibt sich aber gleichzeitig überzeugt, dass es dazu nicht kommen werde: "Wir ziehen die Sache durch!"
Clooney will niemandem in den Rücken fallen
Wie das im Einzelnen geschehen soll, will Cates vorerst für sich behalten - aus Sorge, dass ihm sonst jemand dazwischenfunken könnte. Immerhin ist die zweitwichtigste Mega-Show des Jahres in Hollywood, die Verleihung der Golden Globes, wegen des Streiks bereits abgesagt worden. Die Gilde der Drehbuchautoren hatte zum Boykott aufgerufen und angekündigt, sie werde Streikposten vor dem Veranstaltungssaal aufstellen. Die Schauspielergilde erklärte sich solidarisch. Auch Superstars wie George Clooney betonten, sie würden niemals an Streikposten vorbeilaufen und ihnen damit in den Rücken fallen.
Die Golden Globes sollen jetzt am kommenden Wochenende im Rahmen einer nüchternen Pressekonferenz vergeben werden. Der Filmverleger Harvey Weinstein äußerte die Hoffnung, dass sich die Veranstalter mit der WGA auf eine Ausnahmevereinbarung einigen könnten, damit der Streik wenigstens für die Oscar-Verleihung ausgesetzt werde. Dies wies der Präsident der Gilde, Patric Verrone, jedoch zurück, was auch niemanden wunderte. Denn natürlich will die Gewerkschaft ihren größten Trumpf bei den stagnierenden Tarifverhandlungen nicht aus der Hand geben.
Milliarden-Verlust
Bei dem Arbeitskampf geht es um Anteile der Drehbuchautoren an der Vermarktung ihrer Produkte im Internet und anderen neuen Medien. Der Streik begann am 5. November und hat seitdem vor allem im Fernsehen viele Programme lahmgelegt. Auch Kinofilmprojekte wurden bereits in Mitleidenschaft gezogen. Mit einigen Arbeitgebern wie mit den Produktionsgesellschaften von Tom Cruise und David Letterman wurde inzwischen eine Einigung erzielt. In den meisten Fällen stagnieren die Verhandlungen jedoch schon seit rund einem Monat.
Sollte die Oscar-Verleihung tatsächlich ausfallen, wäre das ein enormer Einbruch für Hollywood und alle damit verbundenen Institutionen. Millionen Fernsehzuschauer müssten auf eine Show verzichten, die in den USA in ihrer Beliebtheit nur noch vom Super Bowl, dem Finale des American Football, übertroffen wird. Für die Filmverleger ebenso wie für die Schauspieler wäre dies ein großer Verlust an Publicity, Millionen Werbeeinnahmen gingen flöten. Beeinträchtigt wären ferner die Party-Service-Betriebe, die Gastronomie, das Hotelgewerbe, die Friseure, die Taxi-Unternehmen und die Bekleidungsindustrie, um nur einige zu nennen.
Schon jetzt hat der Streik den Großraum von Los Angeles rund 1,4 Milliarden Dollar gekostet. Die Absage der Golden-Globes-Gala bedeutet einen zusätzlichen Verlust von 80 Millionen Dollar. Sollten auch die Oscars ins Wasser fallen, kämen noch einmal 130 Millionen Dollar hinzu. WGA-Präsident Verrone zeigt sich von all diesen Berechnungen ungerührt: "Die Botschaft, die wir aussenden, lautet, dass alle Streitpunkte erneut auf den Verhandlungstisch kommen müssen und dass eine Einigung erzielt werden muss. Und dann werden nicht nur die großen Gala-Shows zu den alljährlichen Preisverleihungen laufen, sondern auch die Fernsehfilme und die Kinofilme."