Klimawandel Wie sich Veranstalter auf Konzertabbrüche wegen Extremwetters vorbereiten

  • von Gerrit-Freya Klebe
Fans laufen auf dem Wacken-Festival mit Gummistiefel durch den Schlamm
Das Metal-Open-Air-Festival in Wacken fiel diesmal wegen Dauerregens mit vermatschtem Gelände, Staus und Einlass-Stopp auf. 
© Eibner / Imago Images
Immer wieder werden Veranstaltungen abgesagt, weil extreme Wettereignisse dazwischen kommen. Starkregen, Stürme, Gewitter. Durch den Klimawandel werden die immer häufiger. Wie sich Veranstalter darauf vorbereiten. 

Autos, die im Schlamm stecken bleiben. Besucher, die knöcheltief durch Matsch waten anstatt zu tanzen: Bilder wie diese gab es in diesem Jahr vom Wacken-Festival zu sehen. Grund waren starke Regenfälle Ende Juli, die den Boden aufgeweicht hatten.

Nun musste auch Taylor Swift ein Konzert aufgrund klimatischer Bedingungen absagen. Gefühlte 58 Grad herrschten in Rio de Janeiro. "Die Sicherheit und das Wohlergehen meiner Fans, meiner Kollegen und Teammitglieder stehen an erster Stelle", postete die Sängerin auf ihrer Instagram-Seite. Das Konzert wurde auf einen unbestimmten Termin verschoben.

Szenarien wie diese werden immer wahrscheinlicher, auch in Deutschland. Das hängt auch mit dem Klimawandel zusammen. "Die Sommergewitter sind stärker geworden. Wir beobachten das nicht nur bei den Blitzen, auch die Winde in den Gewitterfronten haben sich verstärkt", sagt Frank Böttcher, Vorsitzender der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft und Extremwetterexperte.

Open-Air-Konzerte und Festivals sind besonders betroffen

Für Open-Air-Konzerte und Festivals ist das ein besonderes Risiko. Bei den Vorbereitungen muss das inzwischen einkalkuliert werden. Der Veranstalter Karsten Jahnke Konzertdirektion sagte im Gespräch mit dem stern:  "Da reicht nicht nur das Regenradar. Wir arbeiten mit ortsansässigen Diensten zusammen. In Hamburg zum Beispiel mit dem Flughafen-Wetterdienst. Die tracken auch Daten zu Windgeschwindigkeiten." 

In der Planung müsse nicht nur die Verweildauer vor Ort bei dem Event mit eingerechnet werden, sondern auch die Dauer der An- und Abreise. Und die solle immer sicher möglich sein. Für Fans und für die Bands. Benötigt wird also eine exakte Prognose für vier bis fünf Stunden eines Tages. Darauf würden mittlerweile auch viele Versicherer, die das Ausfallrisiko für Open-Air-Konzerte übernehmen, bestehen, sagt Frank Böttcher. Unwetterlagen müssen als zusätzlicher Baustein zur gängigen Ausfallversicherung einer Veranstaltung dazugebucht werden.

Für Konzerte und Open Airs gebe es Notfallpläne, die individuell auf jede Veranstaltung angepasst und in einem Sicherheitskonzept dokumentiert werden, das nennt sich dann "Entfluchtungs- und Kommunikationskonzept". "In der Regel werden Konzerte abgesagt, wenn die Gefahr besteht, dass der Regelbetrieb der Veranstaltung nicht aufrechterhalten werden kann und Gefahr für Leib und Leben der auftretenden Künstler, Crew und Besucher besteht," erklärt die Karsten Jahnke Konzertdirektion.

Die Erwartungen der Fans sind immer größer geworden

Das bestätigte auch Johannes Everke, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft, dem stern: "Extremwetterphänomene haben in Quantität wie auch Qualität über die letzten Jahre zugenommen. Gleichzeitig sind die Shows – ob Open-Air oder Festival – genauso wie die Erwartungen der Fans an das Gesamterlebnis immer größer geworden. Diese beiden Phänomene stellen Veranstaltende vor neue Herausforderungen."

Maßnahmen wie etwa ausreichend Beschattung und eine ausreichende Trinkwasserversorgung, sturmsichere Aufbauten oder Geländeabsicherungen stünden immer mehr im Fokus. "Das Team des Wacken Open Air hat im letzten Sommer sehr verantwortungsbewusst und weitsichtig gehandelt, als es zum Beispiel die Anreise der Fans begrenzt und das Gelände in verschiedener Weise abgesichert hat – obwohl der entstandene finanzielle Schaden womöglich in einem zweistelligen Millionenbetrag liegen könnte."

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