Deutschlands wohl bekanntster Schriftsteller der Nachkriegszeit ist tot. Wie mehrere Medien übereinstimmend berichteten, starb Martin Walser im Alter von 96 Jahren in Überlingen am Bodensee in Baden-Württemberg. Das melden unter anderem die "Frankfurter Allgemein Zeitung" und das ZDF.
Der Schriftsteller zählte zu den wohl streitbarsten Schriftstellern der Gegenwartsliteratur. Für seine Werke wurde er mehrfach ausgezeichnet. 1981 erhielt Walser den Georg-Büchner-Preis, 1998 wurde er mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und 2015 mit dem Internationalen Friedrich-Nietzsche-Preis ausgezeichnet. Bis ins hohe Alter hinein schrieb er unter anderem Romane, Geschichtssammlungen, Theaterstücke, Reden und Vorlesungen. Zuletzt erschienen das "Taumbuch" sowie die Gedichtbände "Fisch und Vogel lassen grüßen" und "Sprachlaub". Seit 1955 hat Walser rund 70 Erzählungen und Romane veröffentlicht.
Walser wurde 1927 als Sohn von Kohlehändler und Wirtsleuten in Wasserburg am Bodensee geboren. Das Ende des Zweiten Weltkrieges erlebte er 1944 bis 1945 als Soldat bei der Wehrmacht. Nach Kriegsende schlug Walser eine akademische Laufbahn ein. In Regensburg und Tübingen studierte er Literaturwissenschaft, Geschichte und Philosophie. Nebenbei arbeitete er als Redakteur, Reporter und Hörspielautor beim Süddeutschen Rundfunk.
Erstmals ausgezeichnet wurde Walser 1955 für die Geschichte "Templones Ende" in dem Erzählband "Ein Flugzeug über dem Haus". Der Durchbruch gelang ihm zwei Jahre später mit dem Debütroman "Ehen in Philipsburg".
Martin Walser engagierte sich politisch
Bis zu seinem Tod engagierte sich Martin Walser auch politisch. In den 1960er Jahren kritisierte er den Vietnamkrieg und galt vielen als Linker. 1998 wandte er sich in seiner Rede zum Friedenspreis des Deutschen Buchhandels gegen die "Instrumentalisierung von Ausschwitz. "Auschwitz eignet sich nicht dafür, Drohroutine zu werden, jederzeit einsetzbares Einschüchterungsmittel oder Moralkeule", sagte er und erntete Kritik.
Walser war mit Katharina Neuner-Jehle verheiratet und hinterlässt vier Töchter. Zudem ist der leibliche Fater von Jakob Augstein. Dies wurde jedoch erst 2009 bekannt.
Nach Angaben der Sprecherin von Frank-Walter Steinmeier, hat der Bundespräsident der Familie bereits kondoliert. "Ihr Mann hat mit seinen Büchern vielen Menschen die Augen geöffnet über das Land, in dem sie leben und die Zeit, in der sie leben", zitierte die Sprecherin Steinmeier im Nachrichtendienst Twitter, der nun X heißt. Sein Werk umspanne mehr als sechs Jahrzehnte, er habe die deutsche Literatur in dieser Zeit entscheidend geprägt. "Schreiben bedeutete für Martin Walser immer auch Verpflichtung zum schonungslosen Engagement", erklärte der Bundespräsident.
Als "streitbarer und eigenwilliger politischer Geist" habe Walser weder Auseinandersetzungen noch Kritik gescheut und immer wieder mit politischen Essays in gesellschaftliche Debatten eingegriffen.
Quellen: Rohwolt-Verlag, Suhrkamp-Verlag, Tagesschau.de, mit AFP