Du bist nicht nur, was du isst, sondern vor allem: was du riechst.
Vor wenigen Tagen, ich bin gerade im Urlaub in Italien, habe ich mir in Taormina ein Parfüm gekauft, dessen Geruch dem von weißen (ja, das Weiß riecht man auch!) Bettlaken entspricht. Einfach herrlich.
Ich werde diesen Duft nun immer unweigerlich mit Sizilien verbinden. Eine Gegend, die ohnehin nicht arm an Eindrücken ist. Wer nicht völlig abgestumpft ist, der kann allein schon einen halben Tag damit zubringen, die Nase in den Wind zu halten und den Duft von Pinien zu riechen. Den von Olivenbäumen. Oder, ja, sicher doch, den Qualm des Melonenlasters, hinter dem man die ganze Zeit auf der Landstraße herfährt. Sogar den nehme ich dankbar auf und sauge ihn ein. So wie meine Tochter, die unlängst neben mir in meinem uralten Auto saß und mir genießerisch offenbarte: "Ich liebe den Geruch von Benzin, Papi."
Micky Beisenherz: Sorry, ich bin privat hier
Mein Name ist Micky Beisenherz. In Castrop-Rauxel bin ich Weltstar. Woanders muss ich alles selbst bezahlen. Ich bin ein multimedialer (Ein-)gemischtwarenladen. Autor (Extra3, Dschungelcamp), Moderator (ZDF, NDR, ProSieben, ntv), Podcast-Host ("Apokalypse und Filterkaffee"), Gelegenheitskarikaturist. Es gibt Dinge, die mir auffallen. Mich teilweise sogar aufregen. Und da ständig die Impulskontrolle klemmt, müssen sie wohl raus. Mein religiöses Symbol ist das Fadenkreuz. Die Rasierklinge ist mein Dancefloor. Und soeben juckt es wieder in den Füßen.
Ich bin nicht in Taormina geblieben. Und hier, wo ich nun gerade weile, ist es mit dem Olivenbaumaroma leider nicht sehr weit her, da die Gegend von einer Art Olivenbaum-Corona befallen wurde, sodass nun geschätzte 200.000 Bäume tot sind. Wie soll ich das sagen: Es ist hier nun ein bisschen weniger grün, als es zum Zeitpunkt der Buchung ausgesehen hatte. Was für die Olivenbauern natürlich eine größere Belastung sein dürfte als für den beleidigten Urlauber, der mal wieder feststellt, dass die Realität sich partout nicht an den Prospekt halten will.
Zumal es wirklich kaum ein Problem gibt, das sich nicht im Urlaub dadurch lösen ließe, dass man sein Gesicht kurz in einem lauwarmen Handtuch vergräbt. Der weiche Stoff, in dem sich die Sonne eingenistet hat, das Meerwasser, die Reste von der Sonnencreme.
Im Winter konnte ich mich mit diesem Trick über so manchen schlimmen Tag retten: einfach mal mit Sonnenmilch einsprühen, einreiben und sich für ein paar Momente in eine andere Zeit hineinriechen. Eine olfaktorische Urlaubssimulation, für die wir bald schon wieder sehr dankbar sein werden.
Pommes und Wassereis im Freibad
Eine Nase ist unbestechlich. Rieche ich an einem heißen Sommertag Pommes frites, so denke ich unweigerlich an unbeschwerte Nachmittage im Freibad, deren Höhepunkt diese bescheidene Mahlzeit war. Die Mayonnaise auf circa 50 Grad aufgeheizt, hintenraus die Kehle mit Wassereis abgelöscht, und gut war es.
Der Geruch von Pommes ist denn auch, neben dem weißen Ferrari-Testarossa-Modellauto, so ziemlich das Einzige, was mir von unserem Familienurlaub am Lago Maggiore 1981 in Erinnerung geblieben ist: Da war dieser Spaziergang mit meinem Vater die Klippen hinauf zu einer abgeschrammelten Pommesbude, danach saßen wir zusammen bei einer Schale Frittiertem und blickten versonnen in die Bucht. Atmeten den Geruch der Pommes, der Pinien und die salzige Meeresluft.
Was mein Vater verbrochen hat, dass ich die größten kulinarischen Ausfälle immer mit ihm verbinde, ich weiß es nicht. Noch heute kann ich keine Tütensuppe riechen, ohne daran zu denken, wie er uns Kindern im Sommerurlaub "Rennfahrersuppe" gemacht hat. Warum die so hieß – ich weiß es nicht. Wahrscheinlich, weil sie schneller gemacht war, als so mancher Boxenstopp dauert.
Sicher ist jedenfalls: Wenn ich mit meiner Tochter in diesem Jahr noch in den Süden reise, nehmen wir auf jeden Fall das alte Auto: Dann kann ich sicher sein, dass selbst ohne Olivenbäume eine prägnante olfaktorische Erinnerung bleibt.
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