Al Di Meola ist alt und sanftmütig geworden. In meiner Jugend waren seine Stücke kleine Fluchten aus der auf Kommerz gepeitschten Popmusik und der quälenden elterlichen Klassik. Sein Gitarrenspiel, vor allem im Trio mit Paco de Lucia und John McLaughlin auf dem legendären Album "Friday Night in San Francisco", ist ein feuriger Tanz auf dem musikalischen Olymp. Al Di Meola hat die besondere Gabe, mit seiner Gitarre Geschichten zu erzählen und Gefühle zu wecken.
Er unterwarf sich keinem Stil, sondern suchte seinen eigenen. Virtuos und gekonnt verband er Rock, Jazz, Latin-Elemente. Seine Werke waren kraftvoll, leidenschaftlich, unverwechselbar und unkonventionell. Nicht umsonst zählt er zu den besten Gitarrenspielern der Welt.
Talent tritt zurück
In seinem neuen Album "Vocal Rendezvous" hat er viel von diesen Attributen eingebüßt. Nicht seine Technik, aber seine Leidenschaft hat er verloren. Die Tracks sind kraftlos, beiläufig, gleichförmig.
Mit seinem E-Gitarren-Solo in "Shame" zeigt Di Meola für einen kurzen Moment, dass er immer noch verführen könnte, aber nicht darf oder nicht will. In "I Tried" präsentieren die Soul-Diven Angie Stone und Macy Gray ihre hervorragenden Stimmen. Daneben hat Al Di Meola leider viel zu wenig Raum, sich talentgerecht zu entfalten. Gleiches gilt für die Aufnahme "Schall und Rauch" mit Xavier Naidoo. Man erkennt sofort die typische Schreibe und Stimme von Naidoo. Dass ausgerechnet der begnadete Al Di Meola ihn begleitet fällt nicht auf. Wenig gelungen ist das Stück "Never, Never, Never" des schwedischen Sängers Bosson, das man getrost als nette Popschnulze bezeichnen kann. Vorbei die Zeiten, als Al Di Meola seinem Namen als Jazz-Gitarrist noch gerecht wurde.
Instrumentalstücke als supersanfte Hintergrundmusik
Im Instrumentalstück "Topaz" besinnt er sich wenigstens auf seine Qualitäten als Sologitarrist. Die Komposition ist schön eingängig und einschmeichelnd, aber eben nur schön und nicht berührend. Wunderbar geeignet als Hintergrundmusik für die allwöchentliche Samstagabendromanze im Fernsehen. Wenn bei "Topaz" ein bisschen musikalische Abwechslung zu hören ist ist, dann steht "Rendezvous Rhapsody", ein Duett mit dem Trompeter Till Brönner, für ein belangloses Happy End: sanft, seicht und gleich vergessen.
Al Di Meola sagte einmal: "Ich habe immer versucht, das Feuer in der Musik zu erhalten. Immer denselben Akkord und alte Sequenzen zu verwenden ist einfach. Viel erfüllender ist es, im eigenen Inneren zu graben und etwas Neues zu kreieren, das für einen selbst tiefe Bedeutung besitzt." Leider ist das Feuer in "Vocal Rendezvous" erloschen. Wer ohne Worte mit seinem Instrument Geschichten erzählen kann, der verschwendet sein Talent, wenn er nur fremde Stücke und Stimmen begleitet.