Als Zweitplatzierte beim Vorentscheid nach Wien gefahren, der Song "Black Smoke" selbst in den deutschen Charts nicht vertreten und bei den britischen Buchmachern auf den hinteren Rängen gewettet: Es war kein guter Start für die deutsche ESC-Teilnehmerin Ann Sophie. Eine Woche vor dem großen Finale am 23. Mai ist die 24-Jährige am Samstag in Wien eingetroffen. Am Sonntagmittag absolvierte sie ihre erste Probe auf der Bühne der Stadthalle. Gibt es doch noch ein Happy End?
Die hektischen Bewegungen sind weg, der Hosenanzug ist wieder da. Dieses Mal in - passend zum Song "Black Smoke" - schwarz. Ann Sophie wird von den Scheinwerfern in ein sanftes Goldlicht gehüllt, blickt seitlich in die Kamera. Ohne Windmaschine, Pyrotechnik und das übliche ESC-Brimborium wirkt der Auftritt wohltuend reduziert. Alles ist auf den Song und sie konzentriert - und siehe da: Das kommt an.
Mit jedem Mal konnte sie sich steigern
Ann Sophie hat ihre Sache bei ihrer ESC-Probe gut gemacht. Beim ersten von vier Durchgängen wirkte sie auf der 44 Meter breiten Bühne noch etwas verunsichert, doch mit jedem Mal konnte sie sich steigern. Der Hintergrund, der an eine Eröffnungssequenz eines James-Bond-Films erinnert, ihre Stimme und ihre Bewegungen - es stimmte sehr vieles.
Vor allem wirkte Ann Sophie locker und nicht so verkrampft wie bei einigen Fernsehauftritten zuvor. Auch das Omahafte, das ihr mit Dutt-Frisur und Outfits im Merkel-Look anhaftete, ist weg. Plötzlich darf sie die junge selbstbewusste Frau sein, die sie eigentlich ist - und nicht die Streberin im Hosenanzug, die keiner leiden mag.
Dahinter steckt harte Arbeit. Ann Sophie hatte sich mit der Choreographin Bella Garcia auf ihren Auftritt vorbereitet. Die Lolita, die sie zu inszenieren versucht, mag man ihr zwar nicht immer ganz abnehmen, doch endlich kommen ihre Stärken zur Geltung: Ann Sophie hat Lust auf diese Bühne, auf diese Show. Und das ist ihr anzumerken. Jetzt fehlt nur noch ein Lächeln.
Ann Sophie wird unterschätzt
Ob das alles letztlich reicht, um die Jurys zu überzeugen und die Fernsehzuschauer zum Anrufen zu bewegen und Ann Sophie damit auf einen Top-Ten-Platz zu hieven? Vieles wird davon abhängen, ob Ann Sophie den Zuschauern in Erinnerung bleibt. Und hier ist die Konkurrenz ist groß. Die Favoriten mit dem Schweden Måns Zelmerlöw, den italienischen Tenören oder der australischen Bruno-Mars-Version Guy Sebastian wird sie ohnehin nicht schlagen können. Es gilt, die polarisierenden Auftritte wie die der Slowenin mit den Kopfhörern, des Belgiers mit dem Rapapap-Refrain oder der um ihr Leben tanzenden Spanierin zu toppen. Das wird verdammt schwer. Doch Ann Sophie wird unterschätzt. Ein Umstand, der ihr zu Gute kommt.
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