Alex Christensen im Interview "Die Deutschen haben viele Fehler gemacht"

Das werde sein Untergang, haben ihm Freunde prophezeit: Alex Christensen wagt es trotzdem, beim Eurovision Song Contest für Deutschland anzutreten. Im stern.de-Interview verrät er, welche Fehler er vermeiden will und wie viel er Dita von Teese für ihren Auftritt bezahlt.

Herr Christensen, bei Ihren Proben in Moskau war auch Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin in der Olympia-Halle. Wie hat ihm Ihr Auftritt gefallen?

Ich konnte ihn leider nicht fragen. Die Arena ist sehr groß, und er war ziemlich weit weg. Aber ich denke mal, dass es ihm gut gefallen hat, auch wenn wir noch ein paar kleine Probleme hatten.

Die hoffentlich bis zum Samstag behoben sind.

Versprochen! Wir mussten uns erst an diese riesige Bühne gewöhnen. Zusammen mit den Tänzerinnen sind wir nur sechs Leute und kamen uns da oben ziemlich verloren vor. Mit ein paar kleinen Änderungen am Bühnenbild wird es aber perfekt sein.

Es fehlt ja auch noch ihr Trumpf, die amerikanische Burlesque-Tänzerin Dita von Teese, die erst am Freitag zur Generalprobe eintreffen wird. Wie viel nackte Haut darf sie denn auf der Bühne zeigen?

Bei Dita geht es ja nicht nur darum, wie viel sie auszieht, sondern vor allem wie sie es macht: nämlich stilvoll und sexy. Sie genießt als unsere "Miss Kiss" alle künstlerischen Freiheiten, aber wir passen schon auf, dass es nicht zu sexy wird.

Die Veranstalter des Eurovision Song Contests sicherlich auch.

Von der Seite habe ich noch keine Beschwerden gehört. Ehrlich gesagt glaube ich, dass die ganz froh sind, dass endlich mal ein internationaler Showact beim Grand Prix dabei ist. Wir befruchten uns sozusagen gegenseitig.

Stimmt es, dass Sie den Auftritt von Dita von Teese aus eigener Tasche bezahlt haben?

Das ist ein Gemeinschaftsprojekt zwischen meiner Plattenfirma, dem Norddeutschen Rundfunk und mir. Ich kann Ihnen aber versichern, dass das Drumherum, also die ganze Bühnenshow, sehr viel teurer war als die Gage von Frau von Teese.

Nennen Sie uns doch mal eine Zahl.

Die Summe war fünfstellig.

Wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen, ausgerechnet eine Amerikanerin zu engagieren, die in ihrem Leben zuvor sicherlich noch nie etwas vom Eurovision Song Contest gehört hat?

Ursprünglich wollte ich sie für das Video zu "Miss Kiss Kiss Bang" verpflichten, das war lange bevor feststand, dass wir damit zum Grand Prix fahren. Und als wir dann von der Jury ausgewählt wurden Deutschland in Moskau zu vertreten, war klar, dass sie unsere "Miss Kiss" sein muss.

Und falls sie nein gesagt hätte, hätten Sie ja immer noch Ihre Frau, die Sängerin Nicole Safft, die sich ja als "Rollergirl" inszeniert, mitnehmen können.

Die hätte sich bestimmt sehr gefreut, vor 100 Millionen Fernsehzuschauern auftreten zu dürfen.

Sie treten mit einem englischen Titel beim Eurovision Song Contest an, Ihr Sänger ist Amerikaner und Ihre Tänzerin auch. Was ist an "Miss Kiss Kiss Bang" eigentlich noch deutsch?

Das ist ganz einfach: Was in Deutschland entsteht, ist auch deutsch. Ich habe den Song in Hamburg geschrieben. Ein Deutscher, der Möbel aus Schweden kauft oder Autos aus Japan fährt, bleibt ja auch ein Deutscher.

Sie haben zum Beispiel den Titel "Du hast den schönsten Arsch der Welt" geschrieben, deshalb halten viele Ihre Musik für Trash.

Mit dem Vorwurf lebe ich, seitdem ich erfolgreich bin. Dass ich daneben auch Paul Anka produziere, wird in Deutschland nur selten zur Kenntnis genommen. Trotzdem glaube ich, dass 90 Prozent meine Musik sehr schätzen, da können mir die restlichen zehn auch egal sein.

Ihr Kollege Dieter Bohlen hat gesagt, man müsse Masochist sein, wenn man für Deutschland beim Grand Prix antrete, weil man ohnehin keine Chance habe. Sind Sie einer?

Da sagt Dieter genau das gleiche wie meine Freunde. Das sei mein Untergang, das werde gruselig, haben sie mich gewarnt. Bisher muss ich allerdings sagen, dass masochistische Züge nicht notwendig waren - im Gegenteil: Ich habe sehr große Anerkennung durch meine Teilnahme hier erfahren. Allein dass wir in Amerika in die Talkshow von Oprah Winfrey eingeladen waren, ist sensationell. Madonna schwimmt durch den Atlantik, wenn Oprah ruft. Ich empfinde das als Ritterschlag für unseren Song.

Bei der Abstimmung am Samstag zählen Stimmen aus den USA allerdings nichts, die dürfen ja nicht mit abstimmen. Wie holen Sie in Europa Punkte?

Natürlich in erster Linie durch unseren tollen Song, aber auch durch unsere Arbeit hier vor Ort. Da haben die Deutschen in der Vergangenheit viele Fehler gemacht, sind viel zu arrogant aufgetreten und haben sich damit die Sympathien der Nachbarländer verspielt.

Sie konnten einige der Teilnehmer schon bei den Proben schon kennenlernen. Wer wird Ihr härtester Konkurrent?

Andrew Lloyd Webber (Anm. d. Red.: Hat den Beitrag für Großbritannien komponiert) wird schwierig zu schlagen sein, weil er extrem viel Geld für Promotion in die Hand nimmt und kräftig die Werbetrommel rührt. In Russland hat er es mit seiner Nummer sogar auf Platz eins der Charts geschafft. Keine Ahnung wie, denn bei dem Lied kann man auch ein Kissen mitnehmen und einschlafen. Musikalisch ist die Ukraine top und auch der Norweger Alexander Rybak. Wobei ihm seine Favoriten-Rolle das Leben schwer macht. Wir sind als Underdogs gestartet und arbeiten uns hoch - das ist viel einfacher.

Wenn Sie am Samstag gewinnen, kommt dann ihr Pferdeschwanz ab?

Dann sehe ich ja aus wie Justin Timberlake für Arme, weil sich mein Haar kräuselt. Nein, mit meiner Frisur werde ich wohl alt werden. Karl Lagerfeld sieht mit seinem silbergrauen Zopf auch ganz passabel aus.

Interview: Jens Maier

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