Grand Prix Udo Lindenberg will nach Kiew

Ist das die Rettung der deutschen Musik? Altrocker Udo Lindenberg hat angekündigt, sich bei der Vorentscheidung für den Grand Prix zu engagieren - um Niveau in die Veranstaltung zu bringen.

Nun haben Deutschrocker Udo Lindenberg (58) und Schlagerkönig Ralph Siegel (59) doch etwas gemeinsam: Die beiden Musiker, die altersmäßig nur einige Monate, aber musikalisch Welten trennen, wollen zum Eurovision Song Contest. Doch während der von den deutschen Fans in jüngster Vergangenheit schwer enttäuschte Grand-Prix-Veteran Siegel wieder in Malta um das Ticket zum Finale in Kiew (Ukraine) kämpft, schickt Panik-Rocker Udo seine Muse Ellen ten Damme bei der deutschen Vorentscheidung ins Rennen. "Nach all dem Schlagerdreck und der Comedy-Welle muss endlich Niveau her", sagt der in Hamburg lebende Udo, der vor 30 Jahren seine ersten Hits hatte.

Einziger deutscher Sieg von Nicole

Als Udo 1973/74 mit seinen Platten "Alles klar auf der Andrea Doria" und "Ball pompös" unvorstellbare Verkaufszahlen für deutsche Rockmusik schaffte, da sangen noch Cindy & Bert ihre "Sommermelodie" für Deutschland. Nach seinem kometenhaften Aufstieg wurde der Musiker mit dem Nuschelgesang in den 80er Jahren politischer, ökologischer, grüner; Songs über Schwule, Rechtsradikale, Jugendarbeitslosigkeit, Drogen und Krieg folgten. Auch Siegel widmete sich damals in seinem erfolgreichsten Grand-Prix-Beitrag dem Thema Krieg: 1982 holte Nicole mit "Ein bisschen Frieden" den bislang einzigen Sieg für Deutschland in dem traditionsreichen Wettbewerb.

Udo indessen hat den Grand Prix, der inzwischen offiziell den Namen Eurovision Song Contest trägt, in all den Jahren kaum verfolgt. "Der alte Schlagermief war schrecklich, erst die Comedywelle mit Guildo Horn und Stefan Raab hat das Ganze spannender gemacht. Doch jetzt müssen wieder richtig gute Songs an den Start", meint der Sänger, dem auch Max Mutzkes Beitrag "Can't Wait Until Tonight" im vergangenen Jahr gefiel. Als ihn die Macher der deutschen Qualifikation am 12. März in Berlin als prominenten Paten gewinnen wollten, musste er dann auch nicht lange überlegen. Udo stellte aber eine Bedingung: "Wenn schon, dann nur vom Feinsten, also mit Ellen."

Lockeres Anti-Kriegs-Lied

Vor allem aber hofft der Pionier der deutschsprachigen Rockmusik auf mehr Texte "von der speziellen Art" - in der gesamten Musikszene. "Es gibt sehr viel Potenzial im Nachwuchsbereich, aber die meisten Musiker singen überwiegend diesen Liebes-Herz-Schmerz-Kummer. So richtig freche, provokante Texte gibt es viel zu wenig", findet Udo, der auf seinen Konzerten immer wieder neue Talente ins Scheinwerferlicht holt und sich zudem für die deutsche Quote im Radio stark macht. "Unsere Zeit braucht wieder schlauere, konkrete Aussagen, kein Gesülze." Text und Musik für Ellen ten Dammes Grand- Prix-Beitrag stammen aus seiner Feder. Udo: "Das lockerste Anti-Kriegs-Lied, was je gebracht wurde".

"Plattgeliebt" heißt der Song - nach etwas Grand-Prix-Kosmetik, ursprünglich lautete der Titel "Plattgefickt". "Hoffentlich versingt sich Ellen nicht, sonst fliegt mir ja vor lauter Schreck der Hut weg", witzelt "Mentor" Udo. Vor zwei Jahren holte er sich die niederländische Sängerin und Schauspielerin für seine "Atlantic Affairs"-Tour. "Ich steh auf solche Frauenpower", schwärmt er über die sexy Rockröhre. Beim Vorentscheid rechnet Udo dem Lied hohe Chancen aus. "Mein Mann geht nicht in den Krieg (...) er kriegt die Stiefel nicht mehr an, nicht für’n Irak und auch nicht für’n Iran", heißt es darin. Udo: "So ein Text gehört an die Ohren und in die Herzen der Weltgemeinschaft." Nach Kiew würde er auf jeden Fall mitfahren - und dann vielleicht mit Siegel konkurrieren.

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Dorit Koch/DPA

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