"Ich sage dir, genieß das Leben. Ich wünschte, ich könnte das auch, aber dafür ist es zu spät." Mit diesen letzten zwei Zeilen aus der ersten Hit-Single "Paranoid" endete am Samstagabend die Ära Black Sabbath. Der Vorhang fiel, wie sollte es anders sein, in Birmingham, der Stadt, in der diese beeindruckende Karriere begann. Vor Tausenden Zuschauern verabschiedete sich die Band um Ozzy Osbourne von den Fans, ein letztes Mal sangen sie gemeinsam von okkulten Riten und schwarzen Figuren. Zum Schluss prangten nur zwei Worte über der Bühne: "The End".
Die letzten Zugpferde
Die letzte Show von Black Sabbath zeigt: Die Rock-Ära hat zweifellos ihr physisches Ende erreicht. Immer mehr Urgesteine hängen die E-Gitarre an den Nagel, viele namhafte Bands befinden sich 2017 auf großer Abschiedstournee, unter anderem Aerosmith, Deep Purple, Status Quo und Manowar.
Für die Fans ist das traurig, für Festival-Veranstalter ein riesiges Problem. Denn um die immer teurer werdenden Tickets an den Mann zu bekommen, sind die Organisatoren auf große Zugpferde angewiesen, die sowohl Jung als auch Alt begeistern. Doch was, wenn die alten Metal-Götter nicht mehr können oder wollen?
Problem für Festivals
Nur wenige jüngere Bands können die großen Fußstapfen füllen. Zu nennen wären hier etwa Rammstein, Sabaton aus Schweden oder die Rockabilly-Metaller Volbeat aus Dänemark. Jede dieser Bands füllt mühelos die Hallen der Republik. Doch während alte Granden wie Iron Maiden oder Black Sabbath irgendwie alle gut finden, stellen jüngere Bands häufig nur Teile des Publikums zufrieden - und der Rest schaut in die Röhre.
Das zeigt sich derzeit etwa beim Wacken Open Air, dem größten Metal-Festival Deutschlands. Einer der diesjährigen Headliner ist Volbeat, zweifellos eine der besten Live-Bands ihrer Generation. Trotzdem pöbeln einige Fans auf der Facebook-Seite des Festivals, weil sie insgeheim auf Metallica und Co. gehofft haben. Der Metaller, der sich sonst gern rebellisch gibt, mag es in vielerlei Hinsicht doch traditionell.
Eine Million pro Konzert
Weil die Festival-Besucher auf die ganz großen Namen pochen, können die Bands gigantische Summen verlangen. Konkrete Zahlen behält die verschwiegene Branche für sich, doch glaubt man Medienberichten, sind Gagen von mehr als einer Million Euro für eine Zwei-Stunden-Show keine Seltenheit. Das können sich viele Festivals nicht mehr leisten.
Ohnehin spielen viele namhafte Bands lieber Einzelkonzerte in Stadien. Die Band Guns N' Roses, die sich nach jahrelangen Streitereien noch einmal zusammenraufte, verkaufte im Dezember für die 2017er-Tour eine Million Tickets innerhalb eines Tages, obwohl diese bis zu 150 Euro kosteten. Damit wurde es die erfolgreichste Tour in der Geschichte der Rock-Musik. Finanziell dürfte die Gruppe definitiv ausgesorgt haben.
Das Geschäft mit dem Comeback
Der Fall Guns N' Roses zeigt auch: Noch größer als das Geschäft mit der Abschluss-Tournee ist das mit dem Comeback. Für die Chance, das Idol noch einmal live zu sehen, greifen die Fans tiefer ins Portemonnaie, als sie es normalerweise bereit wären. Phil Collins etwa, der sich 2003 mit seiner "First Final Farewell Tour" noch über die ewig tourenden Kollegen lustig machte, kehrt nun noch einmal ins Rampenlicht zurück. Sein Comeback lässt er sich mit mindestens 180 Euro pro Ticket versilbern. Trotzdem waren die fünf Konzerte ratzfatz ausverkauft.
Apropros ewig touren: Die Scorpions begannen im März 2010 ihre Abschiedstournee. Der Gitarrist Rudolf Schenker sagte damals, die Band wolle in Würde abtreten. Sieben Jahre später sind sie immer noch unterwegs.
Kehren Black Sabbath nochmal zurück?
Man darf deshalb gespannt sein, ob sich Black Sabbath wirklich aufs Altenteil zurückziehen oder ob sie in ein paar Jahren erneut auf der Bühne stehen. "Das ist nicht eine dieser letzten Touren, wo wir ein paar Jahre warten, und dann noch eine machen", versicherte Frontmann Ozzy Osbourne vor wenigen Monaten.
Doch wer weiß, wenn die Gesundheit mitspielt und das Angebot lukrativ ist? Zwei Reunions gab es bereits zuvor 1997 und 2005. Und wenige Wochen nach dem "letzten Deutschland-Konzert" (so stand es sogar auf den T-Shirts) am 8. Juni 2016 in der Berliner Waldbühne kündigten Black Sabbath noch eine letzte Show an, diesmal in der Kölner Lanxess-Arena.
Klar ist nur: Solo will der 68-jährige Osbourne unbedingt weitermachen. Paranoid bis zum Schluss. Der Rest der Truppe wird vielleicht dagegen endlich das Leben genießen - bevor es wirklich zu spät ist.
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