Soul-Urgestein der ersten Stunde Solomon Burke ist tot

Soulsänger Solomon Burke ist im Alter von 70 Jahren in einem Flugzeug gestorben - vermutlich an einem Herzinfarkt. Er befand sich auf dem Weg zu einem Konzert in den Niederlanden. Burke wurde vor allem durch sein Lied "Everybody Needs Somebody to Love" weltberühmt.

Mit Solomon Burke ist am Sonntag eines der letzten Soul-Schwergewichte der ersten Stunde der modernen Popmusik verstorben. Der 70-Jährige zelebrierte sich bis zuletzt als "King of Rock'n'Soul". Als er im fortgeschrittenen Alter so schwer geworden war, dass ihn seine Beine nicht mehr tragen konnten, ließ er sich mit einem zum Thron aufgemotzten Rollstuhl auf die Bühne fahren.

"Everybody Needs Somebody To Love" ist vielleicht der berühmteste Song Burkes. Schon die Rolling Stones in ihrer Gründungsformation mit Brian Jones spielten in den 60ern des vergangenen Jahrhunderts den dynamischen Titel nach. Und die Blues Brothers nutzten ihn 1980 in ihrem ersten Film, um sich bei einer langgezogenen Session unbemerkt vor der anrückenden Polizei davon zu machen.

"Jeder braucht jemanden, jeder braucht das Gefühl, nicht allein zu sein", lautete Burkes Credo. "Es ist wichtig, den Menschen zu zeigen, dass sich jemand wirklich um sie kümmert." Das sagte Burke vor einem Vierteljahr im dapd-Interview. Damals stellte er sein Album "Nothing's Impossible" vor und freute sich auf Konzerte auch in Europa. Am Sonntag starb er auf dem Flug von Los Angeles nach Amsterdam.

Burke, geboren am 21. März 1940 in Philadelphia, kam über den Gospel zum Soul. Er war auch Prediger und führte viele Jahre ein Bestattungsunternehmen. Salbungsvolle, tröstende Worte kamen ihm ganz selbstverständlich und routiniert über die Lippen. Aber der Soul als Lebensgefühl war bei Burke echt, nicht kalkuliert. Er war im Gespräch herzlich und spontan, ganz so, wie er seine Musik auf der Bühne darbot. Als er 2006 bei einem Konzert in Montreux mit seinem Rollstuhl auf die Bühne geschoben wurde, war dieser wie ein Thron ausstaffiert und über und über mit Rosen dekoriert, die er von seinen Sängerinnen an alle Frauen im Publikum verteilen ließ. "War das nicht schön? Jeder braucht jemanden, und jeder braucht hin und wieder eine Rose, einfach eine Blume, die von Herzen kommt, nicht vom Verstand. 'Das ist für dich, ich liebe dich, weil du die Blume in meinem Leben bist. Du bist die Rose in meinem Leben.' Verstehen Sie, das macht den Unterschied."

21 Kinder, 90 Enkel und 19 Urenkel zählte Burke zu seiner Familie. Wie viele Frauen Mütter seiner Kinder sind, wollte er 2008 in einem Interview der britischen Zeitung "The Independent" nicht verraten. "Ich spreche nicht darüber", sagte er damals. "Warum?" - "Weil es nicht notwendig ist."

Burkes größte Zeit als Musiker waren die 60er Jahre, mit nachlassendem Erfolg zog er sich zeitweise ganz aus dem Musikgeschäft zurück. Vor allem seit der Jahrtausendwende gelang ihm mit der Veröffentlichung einiger herausragender Alben der Aufbau eines Alterswerks. Musikalischer Höhepunkt wurde "Nothing's Impossible", produziert von Willie Mitchell, der einst Al Green groß machte. Mitchell starb am 5. Januar dieses Jahres 81-jährig noch vor Fertigstellung des Albums. 30 Jahre, sagte Burke, habe Mitchell von der Zusammenarbeit mit ihm geträumt. Es ist nun zu einer Art Testament der beiden einzigartigen Soul-Größen geworden.

Mit seinen Liedern und Konzerten wollte Burke die Menschen aus ihrem Alltag entführen, und oft rief er wie ein Gospelprediger die Leute im Saal auf, sich doch gegenseitig zu helfen und das Leben erträglicher zu machen. Und diese Botschaft sollte von jüngeren Musikern weitergetragen werden: Als Burke hörte, dass der deutsche Sänger Jan Delay mit "Hoffnung" eine Soul-Ballade im Stil der alten Meister geschaffen habe, wollte er ihn sofort als Gastmusiker einladen.

"Wir müssen die Hoffnung bewahren", sagt Burke, angeregt von Delays Liedthema. "Und ich wünsche dem jungen Mann (Delay) alles Glück der Welt - wir brauchen mehr wie ihn. Niemals aufgeben, es einfach weiter versuchen. Weiter dran glauben, bewahrt diese Botschaft der Hoffnung." Delay könnte doch bei seiner Herbsttournee ein paar Lieder mit ihm singen, überlegte er in dem dapd-Gespräch vor einem Vierteljahr. "Ein bisschen über Hoffnung, ein bisschen über Liebe singen, über Freude und Frieden. Soll er doch kommen und wir eine wundervolle Zeit haben mit (Liedern wie) 'Change Is Gonna Come', und 'Tonight's The Night' und 'Everybody Needs Somebody' und - wow! - 'Cry To Me' und 'Down In The Valley'. We just have a good time."

Das Schicksal hat anders entschieden. Aber Burke, Zeitgenosse von Martin Luther King, Malcolm X, Sam Cooke, James Brown und Otis Redding, hatte damals auch schon sein Vermächtnis formuliert: "Lieder sind wichtig, weil sie eine Botschaft des Heilens bringen. Es ist ein Weg, eine Botschaft der Hoffnung und der Liebe zu senden und ein klein wenig Sicherheit, die wir alle brauchen. Wir brauchen alle jemanden, der in unserem Leben sagt: 'Ich mag dich. Du bist nicht vergebens hier, wir danken dir dafür, was du machst'."

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