Tanz der Vampire Rockig, bissig und viel nackte Haut

Wilde Vampire, schöne Frauen und viel Blut: Am 7. Dezember 2003 war die Hamburg-Premiere von "Tanz der Vampire". Die stern.de-Redaktion hat vorher schon einen Blick riskiert.

Sehnsüchtig blickt die hübsche Wirtstochter Sarah in die verschneite Landschaft. Dunkelheit umgibt sie. Der Mond taucht die transsylvanischen Berge in silbriges Licht. Ein Bild des Friedens. Doch hinter ihrem Rücken schleicht sich eine schaurige Kreatur heran. Die krallenartigen Hände schließen sich um die Schultern der Arglosen. Der Vampir reißt seinen Mund mit den messerscharfen Zähnen auf - und fängt an zu singen.

Wochenlang haben die Schauspieler für die Hamburg-Premiere des Musicals "Tanz der Vampire" am 7. Dezember in der "Neuen Flora" geprobt. Regisseur Roman Polanski hat die Besetzung eigens ausgewählt. Das Musical basiert auf der gleichnamigen Film-Komödie aus dem Jahr 1967, bei der Polansik ebenfalls Regie führte und die Rolle des Alfred spielte.

Schrulliger Forscher jagt Vampire

Das Musical erzählt die Geschichte des berühmten Vampirforscher Abronsius, der zusammen mit seinen Assistenten Alfred in Transsylvanien nach Blutsaugern sucht. Die beiden Wissenschaftler verbringen die Nacht im Gasthaus des Ehepaares Chagal. Der schüchterne Alfred verliebt sich in Sarah, die schöne Tochter der Wirtsleute. Doch auch der Graf von Krolock, ein Vampir, hat ein Auge auf das Mädchen geworfen. Mit Charme und Geschenken wirbt er um ihre Gunst.

Mit Erfolg: Bereitwillig folgt sie seiner Einladung zum Mitternachtsball im Schloss. Professor Abronsius und Alfred nehmen die Verfolgung auf. Mutig begeben sie sich in die Höhle des Löwen und bleiben als Gäste im Schloss des Grafen. Während der Professor den Vampiren Holzpfähle durch das Herz rammen will, hat Alfred nur Sarah im Kopf. Er möchte sie vor dem Biss des Grafen retten. Um Mitternacht erheben sich die Untoten aus den Gräbern und eilen zum Ball. Jetzt wird es gefährlich für die beiden Wissenschaftler, denn sie sind als Party-Snack vorgesehen.

Preisgekröntes Musical

Die schrillen Vampire tanzten 1997 zum ersten Mal in Wien auf der Theaterbühne. Drei Jahre später wanderte das Musical nach Stuttgart. Im Jahr 1998 ging der deutsche Musical Award in sechs Kategorien an "Tanz der Vampire". Deswegen weicht das Musical auch in Hamburg kaum von der Urfassung ab. "Why fuck with success", erklärt Regisseur Polanski. "Natürlich mussten wir das Stück bühnentechnisch an die 'Neue Flora" anpassen', fügt der Künstlerische Leiter Cornelius Baltus hinzu. Die szenischen Änderungen seien jedoch minimal. "Ein Stück ist nie statisch, da die Schauspieler die Rollen formen", sagt Baltus.

Vom Film unterscheidet sich das Musical jedoch erheblich. "Wir mussten es für die Bühne adaptieren", erläutert Baltus. Der schwarze Humor ist im Film feiner, im Bühnenstück hingegen offensichtlicher und teilweise mit einem Hang zur Albernheit. Dies zeigt sich besonders in der Person des Professors Abronsius. Genial spielt Werner Bauer den schrulligen Vampirforscher, für den Logik die größte Tugend ist. Doch die flachen Dialoge zerstören die Komik, die Bauers Gestik erzeugt. Im Musical steht die Liebesgeschichte zwischen Sarah und Alfred im Vordergrund. Die vielen dahinschmachtenden Duette gestalten die Handlung etwas schleppend.

Gute Unterhaltung mit starken Effekten

Dennoch ist "Tanz der Vampire" gute Unterhaltung. Die Songs von Komponist Jim Steinman sind poppig und gehen leicht ins Ohr. Die aufwendig gestaltete Kulisse erzeugt eine schaurig-schöne Stimmung. Die Aufmachung der Vampire ist nicht weniger detailverliebt. Zwei Stunden sitzt Thomas Borchert vor jeder Vorstellung in der Maske, um sich in den Grafen von Krolock zu verwandeln. Dort schminkt die Maskenbildnerin nicht nur sein Gesicht, sondern auch die Hände.

Insgesamt überzeugt "Tanz der Vampire" durch seine Gesangsdarbietungen, die szenischen Effekte und die Kostüme. Doch im Vergleich zum Film ist das Finale plump geraten. Statt den Zuschauern Schauer über die Rücken zu jagen, feiern die Pop-Vampire eine "Rocky Horror Picture Show".

Irena Güttel

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