Kein Thema beschäftigte Deutschland diese Woche mehr. Nein, es waren nicht die Steuersünder in der Schweiz, es war auch nicht das fehlende Salz auf den Straßen. Viel wichtiger. Alle fragten sich: Wie geht es eigentlich unseren "DSDS"-Kandidaten in der Karibik? Steffi, der Blondinenwitz aus Brandenburg, gab gestern die Antwort: "Wir sind hier mit geilen Leuten unterwegs. Die sind gut drauf, die haben gute Laune, die haben dufte Stimmung, das Wetter ist geil, die Getränke sind umsonst." Mehr will man gar nicht, wenn man am Körper komplett enthaart und im Kopf komplett entkernt ist. Steffis Laune stieg sogar noch von gut auf megagut, als sie den Sprung unter die Top 15 geschafft hatte. Dabei kann sie gar nicht singen. Der Grund für die unerwartete Beförderung: ihre "süßen Mäuschen" (Kandidatenkollege Helmut) respektive ihre "zwei schlagenden Argumente" (Juryboss Bohlen). Titten statt Töne also – Talentshows können so abgeschmackt sein.
Sehnsuchtshorizont ist das Privatfernsehen
Geschlagene 145 Minuten lang trällerten und tanzten gestern bei RTL wieder junge Menschen, deren alleinige Traumfabrik das Privatfernsehen ist. Erst am Südseestrand, wo sie im Bikini und in Boxershorts vergammelte Sommerhits neu interpretieren mussten, dann auf einer Theaterbühne in der Heimat. Platzt der Superstar-Traum, anscheinend der einzige, den sie haben, ist das Drama groß. So groß, dass die Gescheiterten gleich an die RTL-Formate für Superloser wie "Explosiv" weitergereicht werden können.
Kevin etwa, der schon bei der letzten Staffel in der Runde vor den Liveshows strauchelte und auch diesmal nicht weiter kam, sagte nach seinem Rauswurf: "Es ist wohl so, dass ich immer kurz vor knapp scheitere. Jetzt fahre ich schön nach Hause. Dort grüßt schon Hartz IV." Seine Miene ließ nichts Gutes erahnen. RTL wird ihn im Auge behalten. Vielleicht springen ja irgendwann Bilder mit Bierflasche am Mund heraus.
Auch Kima könnte ein interessanter Fall für die Folgeverwertung werden. Die 16-Jährige drohte nach dem Jury-Nein indirekt mit Selbstmord. So eine existentielle Klage hat es bei "DSDS" noch nicht gegeben. Ein Auszug: "Das geht nicht, das ist mein Traum, die Bühne, das ist mein Leben. Ich habe sechs Jahre gewartet, um bei dieser Staffel mitzumachen. Bitte, bitte, gebt mir noch eine Chance. Ich werde euch beweisen, dass ich's kann. Ich schwöre auf mein Leben."
Seltsame Murks-Veranstaltung
Bohlen und Co. hatten ein Einsehen. Kima durfte ins Stechen mit einer anderen Wackelkandidatin und setzte sich durch – mit der verblüffenden Begründung, dass sie die nötige Ellenbogen-Mentalität mitbringe. Bohlen: "Das Musikgeschäft ist kein Business von guten Menschen. Wir suchen nicht die nächste Mutter Teresa." Auf die große Bühne schaffte es Kima trotz Ellenbogen und Schwüren nicht. Sie flog im allerletzten Recall raus und muss ihr restliches Leben nun ganz ohne Träume auskommen.
Gestern Abend wurde wieder deutlich, dass die "DSDS"-Strecke zwischen den ersten Castings und den großen Liveshows eine seltsame Murks-Veranstaltung ist. Die Vollhonks sind weg und damit die ätzendsten Sprüche von Bohlen, während das Kandidatenfeld noch zu groß und zu unübersichtlich ist, um Identifikationen zu schaffen. Als wären die Schreiner und Klempner von Tine Wittler am Werk, werden Versatzstücke anderer Soaps und Shows zu einer Larifari-Konstruktion zusammengezimmert und -geschraubt. Ein bisschen Gekreische und Getouche im Whirlpool wie in "Big Brother", ein bisschen Gezicke und Genöle wie in "Germany‘s next Topmodel" und dazu ein bisschen Gesinge unter freiem Himmel wie im "ZDF-Fernsehgarten". Bohlens Zwischenfazit angesichts dieser Kakophonie aus endlos vielen Namen und rastlos runtergespulten Nummern fiel denn auch für einen Musikwettbewerb recht ernüchternd aus: "Rein visuell gesehen, ist das unser bislang geilstes Casting."
Eine herausragende Stimme hat kaum einer von den 15 Kandidaten, die sich gestern für die nächste Runde qualifizierten. Céline nicht, deren Herzprobleme weit harmloser waren als der Katastrophenfilm-Soundtrack, mit dem sie unterlegt waren. Auch Thomas nicht, der nervtötende Hampelmann aus Duisburg. Dirk schon gar nicht, der Adorno unter den Adonissen, den Bohlen musikalisch zwischen "Todesstern und Kampfschwein Galaktika" einordnete. Und selbst der Ex-Knacki Menowin, einer der erklärten Lieblinge des Juryvorsitzenden, jodelt sich lediglich seine R&B-Idole zurecht ohne wirklich eigenes Profil. Es könnte einem angst und bange werden vor den Liveauftritten angesichts dieser unterklassigen Auswahl .
Immerhin eine muss sich um ihr Profil keine Sorgen machen: Steffi. Sie hat ja ihre beiden "süßchen Mäuschen". Und nicht nur die, wie man lesen kann. Auf sie warten zu Hause ein Pferd, zwei Katzen, drei Kaninchen und fünf Chinchillas – wenn sie nächste Woche abschmiert.