E-Mail von Till Herr Präsident, ich nehme die Wahl an!

stern.de-Kolumnist Till Hoheneder freut sich über das Chaos bei der CSU: Eigentlich könnte er doch neuer Ministerpräsident werden! Hoheneder stellt sich dem Direktvergleich mit den anderen Kandidaten - am Ende steht es 4:1, ganz ungestammelt.

Liebe CSU, ich bin so dankbar, dass es Dich gibt! Alles, was junge Leute an Politik nervt und abschreckt - wer könnte es besser darstellen als Du? Alle deine verlogenen, christsozialen Mastochsenheuchler mit ihrer korrupten Amigo-Vetternwirtschaft, die wir politikmüden Ex-Latzhosenträger jahrelang angewidert bekämpft haben, zerfleischen und demolieren sich jetzt ausdauernd selbst in würdevoller, christlicher Nächstenliebe! Danke, CSU!

Mit 15 (1980) hatte ich von meinem Bruder den ersten "Stoppt Strauß"-Button geschenkt bekommen. Ich hatte eigentlich keine Ahnung von Politik, aber mein Bruder war mein Vorbild und sagte nur: Der hässliche, dicke Vogel ohne Hals wäre gefährlich und ein rechtes Arschloch. Das reichte mir. Außerdem stand noch auf dem Button was von "gegen Atomkraft und Reaktion". Was Atomkraft war, wusste ich. Warum sie nicht so toll war, sollten meine alternativen Batik-Buddys und ich erstmals bewusst nach Tschernobyl realisieren. Mein Englischlehrer, Herr Strunk, wollte aber von mir wissen, was "gegen Reaktion" eigentlich bedeuten würde. Ich wusste es nicht, aber ich habe nur bedeutungsschwanger die brüderliche Impfung runtergebetet: Lockheed, Spiegel-Affäre, Colonia Dignidad und Pinochet! Ja, schon damals galt: Es geht doch nichts über ein gepflegtes Halbwissen.

E-Mail von Till

Seine Karriere begann Till Hoheneder, 42, als Musiker und Parodist mit dem legendären Duo Till & Obel. Mit der Rockgruppe "Till & Die Altobellis" absolviert er regelmäßig Auftritte mit Comedy-Einlagen. Zudem ist der Entertainer und Autor mit seinem Solo-Programm "Herrencreme" auf Tournee. Als Autor schreibt er u.a. für Comedians wie Atze Schröder, Gaby Köster, etc...Mehr Infos gibt es unter www.tillhoheneder.de

Mein Plan: Ich kandidiere als bayerischer Ministerpräsident

Ich frage mich sowieso, ob ich nicht auch noch für den Posten als bayerischer Ministerpräsident kandidieren sollte. Ich habe - wie Horst Seehofer - mehrere Kinder von verschiedenen Frauen. Ich bin aber nicht fremdgegangen, von daher gibt das schon den ersten Pluspunkt für mich! Günther Beckstein ist evangelisch, das kann mit mir als Ministerpräsident nicht passieren. Ich bin zwar aus der Kirche ausgetreten, war aber katholisch! Das ist in Bayern immer noch besser als evangelisch! Schon steht es 2:0 für mich. Ich habe sogar bayerisches Blut in den Adern, mein Opa kam aus Regensburg. 3:0! Als Komödiant kann ich genauso lustiges und wirres Zeug reden wie Edmund Stoiber, allerdings mit voller Absicht und ungestammelt! Punkteteilung, 4:1!

Geldvernichten leicht gemacht

Ich bin auch nicht so feige wie Stoiber. Wenn die Kanzlerin mich in Berlin als Superminister braucht, dann würde ich nicht den Schwanz einziehen. So was wie mich braucht die CSU jetzt dringend, denn ich bin Anhänger der Lemmy-Weltformel: Lemmy von Motörhead ist der Ansicht, dass 8 von 10 immer komplette Idioten sind. Und dass er die "Bootlicker" (zu deutsch: Schleimer) zehn Meilen gegen den Wind riecht! Mit diesen Fähigkeiten und Lemmy als Generalsekretär lässt sich der Saustall CSU doch bestens ausmisten: Sämtliche Funktionsträger werden in Reihe hingestellt und abgezählt. 8 von 10 werden sofort rausgeschmissen, 9 und 10 werden von Lemmy auf "Bootlicker" getestet. Und wer bleibt dann noch übrig? Also: Ja, Herr Präsident, ich nehme die Wahl an! So wahr mir Lemmy helfe. Bis die Tage!

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