So erlebte unser "GNTM"-Kritiker den Bombenalarm "Mama, mir geht's gut!"

  • von Mark Stöhr
Ich habe diesmal leider keine Gewinnerin für dich: Eine Bombendrohung beendete das "GNTM"-Finale vorzeitig. Doch was passierte in Mannheim vor und nach der Evakuierung? Unser Autor war mittendrin.

Um 21.20 Uhr wurde es langsam unruhig auf den Rängen. Werbeunterbrechung, seit bald 20 Minuten. Normalerweise macht ein Pausenclown in der Zeit, in der die Fernsehzuschauer daheim Reklamespots sehen, Faxen auf der Bühne, um die Stimmung hochzuhalten. Oder er verteilt Kosmetikprodukte. Während des ersten Werbeblocks in der Finalshow gestern durfte eine Fünfjährige unter dem Johlen des Publikums den Laufsteg entlangdackeln. Ihr Traum sei es, ein Topmodel zu werden, quäkte sie ins Mikrofon. Logisch, was sonst. Dafür gab es von dem lustigen Onkel in dem lustigen Anzug einen ProSieben-Lutscher und einen ProSieben-Ventilator. Falls mal dicke Luft ist im Kinderzimmer.

Doch während der zweiten Unterbrechung passierte: nichts. Ungefähr um halb zehn ließ sich der Onkel endlich blicken. Er war nicht mehr so lustig wie vorher, aber immer noch gut drauf. "Wir haben ein kleineres technisches Problem", sagte er. "Es geht gleich weiter." Allgemeine Entspannung setzte ein. Doch sie war nicht von langer Dauer. Auf der Gegengeraden begann plötzlich ein Massenexodus des Publikums nach draußen. Und wieder war der Onkel da und verkündete, diesmal sehr ernst: "Wir haben jetzt doch ein größeres technisches Problem. Ich muss Sie bitten, die Halle zu verlassen." Die Show war zu Ende. Schade eigentlich.

Denn die Choreografen und Pyrotechniker von ProSieben hatten in der ersten Dreiviertelstunde ein amtliches Brett auf die Beine gestellt. Es sprühte Funken aus dem Boden und von der Decke wie bei einem Rammstein-Konzert. Explosionen durchschossen das Trommelfell im Minutentakt. Die Klum schwebte in einer Art Raumschiff in der Arena ein und war in glitzergrünes Geschenkpapier gewickelt. Das trägt man jetzt so in Bergisch Gladbach. Munkelt man.

Freundlicherweise – danke nochmal an die Regie – war der Teleprompter genau auf die Pressetribüne gerichtet. Das war mal interessant. Als Thomas Hajo und Wolfgang Joop auf die Bühne kamen, stand auf dem Bildschirm: "Heidi: Na, ihr Zwei? Wie isses?" Und die Klum sagte: "Na, ihr Zwei? Wie isses?" Sie las das ganz sauber ab ohne einen einzigen Versprecher. Respekt dafür. Den "Jungs" Hajo und Joop ging es natürlich saugut, supergeil, astrein. Hey, ist doch klar, es ist Finale!

Die Models sind in echt nochmal größer

Die vier Finalistinnen hampelten sich danach ganz solide einen zurecht. In echt sind sie nochmal größer und dünner. Auch jünger. Sie mussten in einer "Challenge" Puppen spielen, die zum Leben erwachen. Das war eine schöne Allegorie auf die Marionettenexistenz, die von Klum und Kollegen dauernd als Modus Vivendi eines Models gepredigt wird. Immer wenn Anuthida auch nur ihre Hüfte einknickte, kreischte die Halle auf. Bei Vanessa kreischte sie weniger. Bei Katharina klatschte nur die schmale Fanbase neben dem Laufsteg. Sie sagte: "Ich will beweisen, dass sich Intelligenz und Schönheit nicht im Wege stehen." Das war ein frommer Wunsch. Die Jury schmiss die 19-Jährige in der ersten Entscheidungsrunde raus. Danach rief irgendjemand in der Arena an und drohte mit einer Bombe.

Keiner drängelte, niemand schubste

Eines muss man den Veranstaltern lassen: Die Evakuierung lief total unaufgeregt ab. Keiner drängelte, niemand schubste. Ein paar Mädchen jammerten, dass sie ihre Jacken drinnen gelassen hätten und jetzt nicht mehr rein durften. Doch, mal ehrlich, "Meeedchen", es war Zeit genug, um sich alles überzuziehen. Ein Gutteil der Ruhe beim Verlassen der Halle war den Ordnern zuzuschreiben. Die gingen die Geschichte recht gemütlich an. Schon allein der schleppende Dialekt in Mannheim, der sich anhört, als hätte der Sprecher den Mund voll mit Wurst, zieht einem schon automatisch das Adrenalin aus den Adern. Wer draußen eine Lücke im überlasteten Telefonnetz fand, rief zu Hause an. "Mama, mir geht's gut!" Danach gingen alle heim.

Aber was wird jetzt aus "Germany's next Topmodel"? Und vor allem: Wer wird's? Heidi Klum schrieb gestern Nacht noch auf ihrer Facebookseite: "Ich freue mich schon jetzt darauf, in wenigen Tagen eine wunderschöne Gewinnerin zu küren." Es ist also offenbar ein Plan B in Arbeit. Ohne Werbeunterbrechungen, die nicht mehr enden. Vielleicht aber auch ohne Pyro-Puffs-und Pengs und den lustigen Onkel mit dem ProSieben-Lutscher. Schade eigentlich.

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